Chez Cthulhu
- Details
- Kategorie: Angespielt
- Veröffentlicht: Donnerstag, 01. Juli 2010 13:01
- Geschrieben von Petra
- Zugriffe: 8010
Mit Chez Cthulhu hat das preisgekrönte Chez Geek einen neuen Verwandten bekommen, der in seiner deutschen Version bei Pegasus Spiele und in der englische Originalversion bei Steve Jackson Games erschienen ist. Man sollte sich schon einige Zeit nehmen, um das Cover der kleinen Spielschachtel anzusehen, denn soviel gibt es dort zu entdecken. Ein Mensch in einem T-Shirt mit der Aufschrift "Mich frisst er zuletzt" fällt als erstes ins Auge, rechts und links von ihm wimmelt es nur so von Wesen, die nicht unbedingt menschlichen Ursprungs sind. Auch wenn ich mit diesen Wesen als "Nicht-Cthulhuist" (das Wort gibt es vermutlich gar nicht) nichts anfangen kann, neugierig auf den Inhalt der Schachtel macht es auf jeden Fall. Zumindest bei mir.
Doch vorher betrachte ich auch noch die Rückseite der Schachtel. Chez Cthulhu bringt dir den Horror von H.P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos direkt in deine Wohngemeinschaft - als ob die Reste der "Pizza mit absolut Allem" nicht schon genug des Übels wären. lese ich dort. Und weiter: Rauch mit dem "Geschwätzigen Tentakel" das Seegras, während ihr euch die neueste Folge von "CSI: Arkham" anschaut. Kauf dir eine hübsche "Zwangsjacke" und ein "Verstörendes Plüschtier" und lade Leute für eine rituelle Opferung oder ein zünftiges Schäferstündchen zu dir ein - oder für beides gleichzeitig! Das Bild neben dem Text gibt einen ersten Eindruck einiger Spielkarten. Auf einem Schild darunter steht: Warnung! Dieses Spiel ist für Volljährige konzipiert. Erwachsen sein ist aber nicht notwendig. Natürlich sind auch die "technischen Daten" (2-5 Spieler, 45-60 Minuten, ab 12 Jahren) sowie eine Auflistung des Inhalts vorhanden. Allerdings vermisse ich einen Hinweis, dass noch Gegenstände zum Markieren von Slack nötig sind.
Material und Spielregel
Öffnet man
die kleine Schachtel, so fällt der Blick auf
Spielkarten und Spielregel. Auch der versprochene Würfel ist vorhanden. Die Spielkarten selbst liegen gut in der Hand. Auch die Schrift darauf ist für mich gut zu lesen. Auf der Rückseite der Karten steht mit großer Schrift Chez Cthulhu. Es gibt 9 Jobkarten, 16 Personenkarten (Haustier und Person), 27 Dingekarten (Alkohol, Alkohol und Tentakel, Buch, Essen, Essen und Tentakel, Gras, Gras und Buch, Pilze, Tentakel, Ohne Zuordnung), 30 Aktivitätenkarten, 28 Jederzeitkarten und noch einige Blankokarten. Außerdem gibt es noch 20 Marker für Wahnsinn und 5 Vollkommen Durchgeknallt Marker, die sich beim Lösen aus dem Stanzbogen zwar etwas gewehrt haben, aber an denen es sonst nichts zu beanstanden gibt.
Spielziel
Slack bedeutet eigentlich Entspannung. Bei Chez Cthulhu
geht es darum, als
erster ganz entspannt zu sein, also genügend Slackpunkte zu besitzen.
Slackpunkte bekommt man durch Aktivitäten, Shoppen (Kauf
von Dingen) oder durch die richtigen Personen. Jeder Job hat ein eigenes Slackziel.
Spielvorbereitung
Zuerst werden die Marker (Knöpfe, Glasperlen, ...) zum Markieren der Slackpunkte bereit gelegt. Diese sind leider nicht enthalten, aber etwas passendes findet sich in jedem Haushalt.
Der Spieltisch sollte ausreichend groß sein, da jeder Mitspieler für sein Zimmer, d.h. seine Auslage, ausreichend Platz benötigt. Danach wird der Jobkartenstapel
gemischt und jeder Spieler erhält offen eine Karte, die ausgelegt wird. Noch den Lebensstapel
mischen und verdeckt jeweils fünf Karten verteilen, dann sind die
Vorbereitungen getätigt.
Spielablauf
Die Spezialregeln auf den Karten
haben stets Vorrang vor den Grundregeln. Jeder
Spielzug besteht aus sechs Phasen:
- Handkarten
ergänzen: Karten
nachziehen, bis man 6 auf der Hand hat.
- Würfeln: Einige Karten (z.B. der Totengräber) erfordern, dass das Einkommen erwürfelt wird. Auch unliebsame Personen kann man an dieser Stelle loswerden...wenn man denn eine 4-6 würfelt. Dann ziehen sie weiter, entweder zu einem Mitspieler oder auf den Ablagestapel.
- Personen anrufen: In dieser Phase können beliebig viele Personenkarten gespielt werden. Hierzu wird die Person und deren neues Zimmer angekündigt und die Personenkarte hingelegt. Wenn die betreffende Person keinen Slack gibt, kann sie sofort ausgelegt werden, entweder bei sich selbst oder einem Mitspieler. Gibt sie dagegen Slackpunkte, muss sie vorher eingeladen (also gewürfelt) werden. Bei einer 3-6 kommt die Personenkarte ins Spiel, ansonsten auf den Ablagestapel. Haustiere können einfach so ausgelegt werden.
- Freizeit: Jetzt wird die Freizeit sinnvoll genutzt, durch Aktivitäten und/oder Shoppen. Shoppen (das Ausspielen von nützlichen Dingen, z.B. einer Tentakel auf Eis, einer Zwangsjacke oder auch Cthulhupüree) zählt als eine Freizeit, unabhängig davon, wie viele Ding-Karten man ausspielt. Leider müssen diese Dinge alle bezahlt werden, das Einkommen ist abhängig vom jeweiligen Job. Auch Aktivitäten können Kosten verursachen. Und genau wie im richtigen Leben muss man darauf verzichten, wenn das Einkommen nicht dazu ausreicht.
- Ablegen: Wer mehr als fünf Handkarten besitzt, muss die überzähligen ablegen. Bis auf eine Karte dürfen alle abgelegt werden.
Jederzeit - Karten dürfen jederzeit gespielt werden, es sei denn der Kartentext verbietet dieses. Gewonnen hat derjenige, der zuerst sein Slackziel, d.h. die auf seiner Jobkarte angegebenen Slackpunkte erreicht hat.
Unterschiede zu Chez Geek
Für
alle die, die sonst nur das Fazit lesen!
Bei Chez Cthulhu kommt noch eine neue Spielmechanik hinzu. Wahnsinn! Auch wenn es im Pegasus Weekly 22/23 (neuere Informationen habe ich auf der Seite bisher leider nicht gefunden) bei Chez Cthulhu heißt: Chez Cthulhu kombiniert das Chez Geek-Spielsystem mit Lovecrafts Großen Alten und fügt mit den Geisteskrankheiten eine neue Spielmechanik hinzu. Das stimmt und das stimmt nicht. Die Spielmechanik gibt es, im Spiel wird nur auf den Begriff Geisteskrankheit verzichtet und immer nur von Wahnsinn gesprochen. Für das Spielverständnis sicher besser. Richtiger im Sinne von Cthulhu wäre wohl so etwas wie: Wenn die geistige Stabilität sinkt, kann ein Charakter Geisteskrankheiten bekommen und das ganze gipfelt dann quasi im Wahnsinn. Und bevor ich ob der unterschiedlichen Begrifflichkeiten noch selbst wahnsinnig werde, wende ich mich lieber wieder dem Spiel selbst zu.
Es sind jetzt viele Karten dabei, die dem Spieler Wahnsinn geben, einige wenige verringern den Wahnsinn auch wieder. Dieser Wahnsinn wird mit den entsprechenden Marken "gezählt". Die Wahnsinnspunkte haben direkten Einfluss auf den Slack. Ist man nur etwas wahnsinnig, hat also weniger als 9 Punkte Wahnsinn, so verringert sich der eigene Slackwert. Mit 9 Punkten Wahnsinn ist man vollkommen durchgeknallt, bekommt den entsprechenden Marker und hat keine negativen Auswirkungen mehr. Sollte man jetzt noch Wahnsinn bekommen, gibt es stattdessen einen Slack.
Chez Cthulhu ist ein eigenständiges Spiel, mit einigen Regeländerungen lässt es sich durchaus mit den meisten anderen Spielen der Chez Geek Reihe kombinieren.
Die Spielkarten sind von guter Qualität, die Bilder auf den Karten sind wirklich witzig und lassen nicht nur Cthulhu Kenner schmunzeln. Auch den Total witzigen Atmosphäre-Text ohne Spielwert sollte man dabei beachten. Es lohnt sich meist! Die Spielregel ist klar strukturiert, die Beispiele und Abbildungen verdeutlichen die Regeln zusätzlich.
Einziger Kritikpunkt ist das Fehlen von Markern für Slackpunkte. Gut, es reicht auch aus, wenn man nur die "veränderlichen" Werte kennzeichnet (man könnte vielleicht dazu die Wahnsinnsmarker benutzen), aber meist taucht ab einer bestimmten Zeit die Frage auf: Wieviel Slackpunkte hast du denn? Daher empfehle ich die alternative Regel zum Markieren von Slack: Jeder legt zu Beginn des Spiels die dem jeweiligen Slackziel entsprechenden Anzahl Slack-Marker aus und markiert damit im Verlauf des Spiels seine ausgelegten Karten. Dann kann man jederzeit sehen, wieviel Slackpunkte dem jeweiligen Spieler zum Sieg noch fehlen. Allerdings sollte man hierbei den Wahnsinn ebenfalls im Auge behalten. Und bei einem anderen Job natürlich auch das eventuell veränderte Slackziel beachten.
Der Wahnsinn bringt einen interessanten Aspekt ins Spiel, da nicht allein das Erreichen der auf der Jobkarte abgedruckte Slackziel den Sieg bestimmt, sondern man auch immer den Grad des Wahnsinns im Auge haben muss. Will man selbst vom Wahnsinn profitieren und vollkommen durchgeknallt sein, oder versucht man normal zu bleiben? Bei meinen Spielen hat sich gezeigt, dass alle Spieler so viel Wahnsinn wie möglich anstrebten. Es ist also weniger die Möglichkeit, normal zu bleiben, als die Geschwindigkeit des Wahnsinnig werdens, die letztendlich über Sieg und Niederlage entscheidet. Dadurch bietet sich der Wahnsinn geradezu an, um seine Mitspieler zu ärgern, denn mit Karten wie Älteres Zeichen kann man den Wahnsinn eines beliebigen Spielers entfernen oder durch Weitergeben der Karte Line Dance die eigenen Wahnsinn-Marker mit denen des neuen Kartenbesitzers tauschen, allerdings auf Kosten von 2 Slackpunkten. Nur "mässig Verrückte" hatten in meinen Runden keine Chance auf einen Sieg, die Versuche normal zu bleiben und zu siegen sind auch nicht gelungen.
Zu zweit mach Chez Cthulhu schon Spaß, aber wie die Konflikte in echten Wohngemeinschaften mit zunehmender Bewohnerzahl meist steigen, so ist auch ein Spiel mit steigender Mitspielerzahl interessanter, weil einfach mehr Möglichkeiten des Ärgern und geärgert werden vorhanden sind.
Chez Cthulhu ist ein Kartenspiel, daher ist es nicht verwunderlich, dass das Glück eine große Rolle spielt, denn schließlich weiß niemand, welche Karte das nächste Mal gezogen wird. Aber gerade das Unberechenbare ist in meinen Augen das Faszinierende an diesem Kartenspiel.
Wer von Chez Geek begeistert war, kann bedenkenlos bei Chez Cthulhu zugreifen. Aber auch Freunde von H. P. Lovecrafts Cthulhu oder Fans von John Kovalic sollten sich das Spiel ansehen. Es spart nicht mit Anspielungen und ruft meist ein Schmunzeln hervor.
Vielen Dank an Pegasus Spiele für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
Spiel: Chez CthulhuAutor: Steve Jackson
Illustration: John Kovalic
Verlag: Pegasus Spiele
Anzahl: 2-5 Personen
Alter: ab 12 Jahre
Dauer: ca. 45-60 min
Jahr: 2010
Preis: ca. 12 Euro (Stand 24.06.2010)