Claustrophobia

Claustrophobia, 2 Personen, ab 14 Jahren, ca. 45 MinutenEigentlich wollte ich ja nur deutschsprachige Spiele spielen. Denn ich habe in der Schule zwar Englisch gelernt, aber das ist schon so lange her. Und so wirklich der sprachliche Überflieger war ich auch damals nicht. Doch dann las ich von Claustrophobia (Asmodee). Was nun? Claustrophobia gibt es bis jetzt ja leider nur auf englisch. Also habe ich versucht mich zu informieren. Wieviel Englisch muss man können, damit Claustrophobia Spaß macht? Doch wirklich schlauer wurde ich nach Studium der diversen Quellen auch nicht. Also musste das Spiel herbei.

Und jetzt liegt es vor mir. Eine nicht ganz kleine Spielschachtel, die zudem auch noch ihr Gewicht hat. Lässig mit einer Hand hoch heben geht da nicht. Zumindest nicht bei mir. Blickt man länger auf das Cover, so spürt man unweigerlich die Hitze, die dort herrscht. Ein gepanzerter Mensch auf der rechten Seite, ein großes unförmiges Wesen auf der linken Seite, zusätzlich noch zahlreiche kleinere Wesen mit Krallen an den Händen, und dahinter eine Fläche mit Farbschattierungen in Gelb- und Rottönen, die einen an glühende Lava erinnern.

SchachtelrückseiteDas Bild auf der Rückseite der Schachtel zeigt eine Spielsituation. Teile eines Dungeons mit einigen Figuren darin sind zu erkennen, daneben liegen verschiedene Spielkarten und Tableaus, auch einige Marker und Würfel sind zu erkennen. Der Text daneben gibt einen ersten Einblick in das Thema des Spiels. Year of Our Lord 1634. The humans, ever hungry for new conquests, have invades the lands of hell, battling against the demonic forces in the catacombs deep under the city of New Jerusalem.  Deep in the heart of the darkness, a Redeemer with magical powers is leading a company of condemned prisoners on an expedition. Will these unwilling heroes have what it takes to stand up to the hordes of evil creatures that live in the bowels of the Underworld? lese ich. (Im Jahre unseres Herrn 1634. Die Menschheit, immer hungrig nach neuen Eroberungen, ist in die Länder der Hölle eingefallen, kämpft gegen die dämonischen Kräfte in den Katakomben tief unter der City von New Jerusalem. Tief im Herzen der Dunkelheit führt ein Priester mit magischer Kraft eine Gemeinschaft verdammter Gefangener auf einen Erkundungszug. Werden diese unfreiwilligen Helden das Rüstzeug haben den Horden der teuflischen Kreaturen aus dem Innersten der Unterwelt zu widerstehen?) Darunter sind einige Spielfiguren abgebildet. Auch die"technischen Daten" (ab 14 Jahren, 2 Spieler, ca. 45 Minuten) sind dort zu finden. Witzig finde ich, dass nicht nur diesen Piktogrammen "Hörner aufgesetzt wurden", sondern auch das Asmodee Logo so variiert wurde.

Material und Spielregel
SpielmaterialNachdemSpielmaterial ich die Spielschachtel geöffnet habe, habe ich eine erste positive Überraschung erlebt. Alle Spielfiguren, es sind 17 bemalte Miniaturen von guter Qualität (Menschen: 1 Priester (Redeemer), 2  grobe Schläger (Condemned Brute), 2 wendige und schnelle Schurken (Condemned Blade for hire); Dämonen: 11 Troglodyten, 1 großer Dämon), die zudem auch noch gut aussehen, sind ordentlich verstaut, können nicht rutschen oder gedrückt werden und sind somit auch alle unversehrt. Auch das Tiefziehteil im Schachtelinneren ist durchdacht, das gesamte Spielmaterial hat seinen eigenen Platz, die Bodenplatten rechts und links verhindern, dass die Kleinteile sich im gesamten Karton verteilen können. Die 36 Bodenplatten mit Tunneln und Räumen sind mit ca. 16 x 16 cm recht groß und sehr stabil. Einziges Manko bei ihnen ist, dass ihre Abmessungen leicht differieren, fällt beim Spielen zwar nicht auf, stört aber später beim wieder wegräumen, da die etwas größeren Platten nur auf der linken Seite ordentlich passen. 

Innenleben der Spielschachtel Unterbringung der Spielfiguren weiteres Innenleben

Außerdem gibt es noch 1 Schicksalstafel sowie 5 Referenzkarten der Menschen aus stabilem Karton und 5 passende Kartenhalter aus Kunststoff. Auch die 25 kleinen roten Schadensmarker, die ebenfalls aus Kunststoff sind,  machen keine Probleme bei der Benutzung (Einstecken in die Referenzkarten). Neben den 20 Bedrohungsmarken und den 11 Wund-Markern gibt es noch 14 weitere Marker (3 Hole in the Ground, 2 Tough Troglodyte, 1 Courage, 1 Blessing, 4 Treasure, 3 Seal of Protection), jeweils aus stabilem Karton, sowie  Karten in vernünftiger Stärke (6 Gaben-Karten, 6 Objekt-Karten,  15 Vorteil-Karten, 7 Referenzkarten für die Dämonen und 16 Ereigniskarten). Natürlich dürfen auch Würfel (1x 10-seitiger Würfel, 12x 6-seitige Würfel) sowie eine Spielanleitung nicht fehlen. 

Referenzkarten der Menschen Objektkarten Gabenkarten
 
Die Spielanleitung ist komplett in englisch und umfasst 24 Seiten. Das hört sich erst einmal nach sehr viel an, wenn man dann aber sieht, dass sich eigentlich nur 9 Seiten dem Spielablauf selbst widmen, und es dort auch zahlreiche Beispiele mit Bildern gibt, ist es weniger erschreckend. Überflüssig sind die übrigen Seiten aber auch nicht. Auf ihnen findet man eine geschichtliche Einführung (1 Seite), Erläuterung des Spielmaterials (3,5 Seiten), Spielvorbereitung (0,5 Seiten), 6 unterschiedliche Szenarien (8 Seiten) sowie eine Übersichtsseite mit speziellen Symbolen und einem Glossar.
 
Vorteil-Karten Ereigniskarten Referenzkarten der Dämonen
 
Spielziel
Ein Spieler übernimmt die Gruppe der Menschen, der andere die Dämonen. Generell kann man sagen, dass der Spieler der Dämonen gewinnt, wenn der Spieler der Menschen seine gestellte Aufgabe nicht löst. Diese Aufgaben sind jeweils vom gewählten Szenario abhängig, im ersten Szenario The Survivors müssen beispielsweise zwei der vier Menschen den Ausgang (Exit Tile) erreichen. In anderen Szenarien müssen andere Aufgaben bewältigt werden.
 
Spielvorbereitung
Zu Schicksalstafel (Dämonen)Anfang sucht man sich ein Szenario aus und legt fest, wer die Menschen und wer die Dämonen steuern soll. Das jeweilige Szenario bestimmt die Feinheiten der Vorbereitung: Welche menschlichen Krieger beteiligt und wie diese ausgerüstet sind, wie die Dämonen eingesetzt werden, ob bereits jetzt Bodenplatten ausgelegt werden, wie die Siegbedingungen lauten und welche Spezialregeln gelten.

Nun nimmt sich der Spieler der Menschen die entsprechenden Spielfiguren (im Szenario The Survivors  also den Priester, 2 Schurken und einen Schläger), außerdem noch die dazu passenden Referenzkarten mit den Kartenhaltern, die Karten für die Ausrüstung und die 25 roten Schadensmarker. Der andere Spieler legt die Schicksalstafel vor sich aus und platziert die Dämonen sowie die Bedrohungsmarker in Reichweite. Auch die übrigen Marker werden griffbereit hingelegt.

Spielablauf
mögliche SpielsituationJedes Spiel geht über mehrere Runden; in jeder Runde ist zunächst der Spieler der Menschen an der Reihe, hat dieser seinen Zug beendet folgt der Zug des Spielers der Dämonen. Eine Besonderheit von Claustrophobia ist die Ermittlung der Spielwerte der Menschen. Jede Charaktertafel weist 6 Lines of Action auf, diese sind von 1 bis 6 durchnummeriert und geben unterschiedliche Werte für Bewegung, Angriff und Verteidigung vor. Zu Beginn einer Runde in der Initiativephase würfelt der Spieler der Menschen mit einer Anzahl von 6-seitigen Würfeln, die der Anzahl seiner Figuren entspricht. Anschließend werden die einzelnen Würfel den Charaktertafeln zugeordnet und hierdurch ergeben sich dann die Spielwerte für die aktuelle Runde. Wurden alle Würfel verteilt, beginnt der eigentliche Zug der Menschen, der Spieler führt seine Figuren durch die Unterwelt und bekämpft die dortigen Kreaturen. Pro Treffer bekommt ein Dämon dann einen Wunde-Marker, getroffene Troglodyten hingegen verlassen das Spielfeld.
 
Hat der Spieler der Menschen seinen Zug beendet, beginnt der Zug des Spielers der Dämonen. Zunächst würfelt der Spieler mit drei 6-seitigen Würfeln und ordnet die Würfel den Optionen auf der Schicksalstafel zu, die dortigen Optionen ermöglichen dem Spieler bestimmte Handlungen für den weiteren Verlauf seines Zuges. Wurden die gewählten Optionen auf der Schicksalstafel ausgewertet, kann der Spieler nun noch neue Kreaturen ins Spiel bringen, hierfür sind bestimmte Regeln zu beachten. Im Anschluss darf der Spieler der Dämonen seine Figuren noch bewegen und die Menschen angreifen. Die Werte der Dämonen ergeben sich für die Troglodyten von der Schicksalstafel und für die speziellen Dämonen durch die Referenzkarten. Wenn ein Menschenkrieger getroffen wird, bekommt er einen Schadensmarker mit dem eine Line of Action gekennzeichnet wird und somit seine Handlungsmöglichkeiten für künftige Initiativewürfe der Menschen eingeschränkt sind. Sind alle 6 Lines of Action belegt, scheidet diese Spielfigur aus.
 
Priester (Redeemer) Troglodyten Dämon

Fazit
Gegen das Spielmaterial von Claustrophobia lässt sich wirklich nichts sagen. Im Gegenteil! Die Qualität ist gut, die Karten sind stimmungsvoll illustriert, die Spielfiguren sind gut "geformt" und schön bemalt. Zumindest ich und sicher auch die Mehrzahl der "normalen" Brettspieler würden es nicht so gut hinbekommen. Zumal man dann noch entsprechendes Material wie Pinsel, Farbe und eine sehr ruhige Hand benötigt. Mir gefallen die Figuren wirklich gut, außerdem sind sie noch sehr gut in der Spielschachtel untergebracht.

Die Spielregel und die Texte der diversen Karten sind auch für jemanden, der nicht unbedingt jeden Tag englisch spricht, gut verständlich, auch wenn das eine oder andere Wort vielleicht doch nachgeschlagen werden muss. Mein Suchen im Internet hat zudem ergeben, dass es für die Karten und die  Schicksalstafel bereits Übersetzungen im Netz gibt, außerdem habe ich eine Kurzspielregel gefunden.

Claustrophobia ist ein Spiel, das zwei Spieler zum Kampf in die Unterwelt schickt. Fast wie bei Descent, aber eben auch nur fast. Es ist zuviel anders, als dass man Claustrophobia als Descent für 2 Personen bezeichnen könnte. Auch wenn es bei beiden Spielen in den Dungeon geht, viel gewürfelt werden muss und es "gut" und "böse" gibt, so ist die Spielmechanik doch eine ganz andere. Es gibt keine Charaktere, die sich im Laufe der Zeit weiter entwickeln, die Spielzeit ist weitaus kürzer Und die Spielwerte für Bewegung, Angriff und Verteidigung können sich in jedem Zug ändern.

Langeweile kommt bei Claustrophobia so schnell nicht auf, jedes Spiel ist anders. Da die Bodenplatten (meistens) vorher gemischt und dann in einer zufälligen Reihenfolge ausgelegt werden, findet jeder Besuch der Unterwelt in einem anderen Dungeon statt, selbst wenn man das gleiche Szenario mehrmals spielt. Die unterschiedlichen Szenarien bringen zudem auch noch Abwechslung, außerdem gibt es auf der Seite von Asmodee noch weitere Szenarien zum herunterladen.

Natürlich spielt auch das Würfelglück bei Claustrophobia eine Rolle, aber meist ist spielentscheidener, was man aus dem jeweiligen Wurf macht. Denn jedes Mal muss man die Entscheidung treffen, welche Spielwerte (Bewegung, Angriff und Verteidigung) die jeweiligen Kämpfer auf Seiten der Menschen haben sollen und wie die Figuren dann agieren sollen. Aber auch auf Seiten der Dämonen hat man die Qual der Wahl. Es gibt nicht den "einfacheren" Part.

Wer etwas für Fantasy übrig hat, sollte sich Claustrophobia wirklich einmal ansehen, das Material ist jeden einzelnen Cent wert, die Spielzeit ist mit unter einer Stunde für Spiele in diesem Metier angenehm kurz. Manch einer wird sagen, "dann kommt ja keine richtige Stimmung auf", aber das ist nicht so. Wer sich auf Claustrophobia einlässt, erlebt wirklich ein atmosphärisch dichtes Spiel. Es bleibt spannend bis zur letzten Minute.

 

Ich danke Asmodee für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

 

Spiel: Claustrophobia
Autor: Croc
Verlag: Asmodee
Anzahl:
2 Personen
Alter: ab 14 Jahre
Dauer: ca. 45 Minuten
Jahr: 2009
Preis: ca. 43 Euro (Stand 21.06.2010) 

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