Seeland
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- Kategorie: Angespielt
- Veröffentlicht: Donnerstag, 15. April 2010 09:56
- Geschrieben von Petra
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Als ich das erste Mal vom Spiel Seeland (Ravensburger Spieleverlag) gehört habe, war mir eins klar: Dieses Spiel muss ich mir ansehen. Schließlich habe ich alle Sommerferien in meiner Kindheit in Seeland verbracht und fahre auch heute noch gerne dorthin. Und jetzt halte ich genau dieses Spiel in meinen Händen, naja, eigentlich liegt es vor mir auf dem Schreibtisch, da ich meine Finger ja zum Tippen benötige. Im Schriftzug Seeland ist das "a" natürlich mit einer Windmühle gekennzeichnet, passend zum Untertitel: Wettstreit im Reich der Mühlen. Neben einem Kaufmann in der für Kaufleute typischen Kleidung des 17. Jahrhunderts sind auf dem Cover natürlich Windmühlen zu sehen. Ich habe neun vollständige Windmühlen gezählt, aber vielleicht habe ich ja auch noch eine übersehen.
Tauchen Sie ein in Hollands Goldene Ära lese ich dann auf der Rückseite und stutze. Seeland ist, genau wie Holland, eine Provinz der Niederlande, auch wenn wir deutschen oft die Niederlande mit Holland gleichsetzen... wenn die Niederländer dies nun mit Bayern (oder NRW, Thüringen, Sachsen....) und Deutschland machen würden. Aber egal, es geht ja primär um das Spiel. Die aufstrebende Provinz Seeland gewinnt rasant an Wohlstand, Macht - und Land. Als wagemutiger Kaufmann trotzen Sie dem Meer immer neue Flächen ab. Dazu errichten Sie prachtvolle Mühlen, um riesige eingedeichte Gebiete zu entwässern. Schon bald entstehen blühende Landschaften, wo einst nur Wasser war. Eine Aufzählung des Spielmaterial folgt. Vom Spielmaterial bekommt man auch einen ersten Eindruck, denn rechts neben dem Text sind ein Teil des Spielplans sowie viele Marker abgebildet. Auch die "technischen Daten" (2-4 Spieler, 9-99 Jahre, 45-60 min) fehlen nicht.
Material und Spielregel
Bei Seeland kann man eigentlich nicht von einer Spielanleitung sprechen, denn es gibt drei verschiedene Blätter bzw. Heftchen. Zum einen ein einseitig bedrucktes Blatt mit dem Titel Spielinhalt und Spielaufbau. Hier wird detailliert in Wort und Bild beschrieben, woraus Seeland besteht und wie das Einstiegsspiel aufgebaut wird. Dann gibt es ein 4-seitiges Heft, das den Titel Seeland trägt mit den Punkten Spielidee und Spielziel, Spielablauf und Spielende. Auch hier gibt es zahlreiche Bilder und Beispiele. Außerdem werden noch Antworten auf außergewöhnliche Spielsituationen gegeben. Zusätzlich zu diesen grundlegenden Spielregeln, die durchaus schon für ein interessantes Spiel genügen, gibt es noch das ebenfalls 4-seitige Heft mit dem Titel Von Vögten und Rekorden. In diesem findet man die Zusatzregeln Rekord-Ernte und Stadtvogt sowie das Taktische Spiel und auf der letzten Seite den Historischen Hintergrund des Spiels.
Spielziel
Historischer Hintergrund ist die Landgewinnung in der Provinz Seeland des 17. Jahrhunderts. Die Spieler schlüpfen in die Rollen wohlhabender Kaufleute, die das Land zunächst durch den Bau von Mühlen trockenlegen und im Umfeld dann Kohl, Raps und Tulpen anbauen. Baupläne für den Bau der Mühlen bekommt man ebenso wie Säcke mit Saatgut auf dem Markt. Aber nicht jede Mühle hat den gleichen Wert und auch beim Anbau kann es zu unterschiedlichen Ernten kommen. Wer zum Schluss am erfolgreichsten war, also die meisten Punkte bekommen hat, gewinnt das Spiel.
Spielvorbereitung
Zu Beginn des Spiels wird der Spielplan zusammengesteckt. Auf einer Seite gibt es eine mit blauen Steinen gepflasterte Deichseite (Zählleiste) und viele Inseln, auf der anderen Seite ist die Deichseite grün und statt der Inseln sieht man bereits Saatfelder. Jetzt muss man sich entscheiden was und wie man spielen möchte. Für das taktische Spiel kommt die grüne Deichseite nach oben, für alle anderen Spiele die blaue Deichseite mit den Inseln. Mühlen- und Landschaftsplättchen werden gemischt und kommen jeweils als Stapel auf die dafür vorgesehenen Nachziehfelder. Außer im Taktischen Spiel werden nun noch die Inselplättchen mit der Inselseite nach oben gemischt und auf jede als Insel markierte Fläche gelegt. Jeder Spieler erhält 4 Mühlen und einen Stuiver; die Zählsteine kommen auf das Feld Null der Ertragsleiste, Punkteplättchen und restliche Stuiver werden griffbereit hingelegt. Nun muss noch der Markt bestückt werden. Hierzu werden die 5 Guldenstücke auf die gekennzeichneten Kontore gelegt, auf dem hintersten Gulden werden die Kaufleute platziert. Jetzt wird noch der Geldmeister auf das gekennzeichnete Werkstattfeld gestellt. Auf die übrigen Werkstattfelder kommen Mühlenplättchen, auf die 5 Marktstände jeweils ein Landschaftsplättchen. Rekordmarker und Stadtvögte benötigt man im Einstiegsspiel nicht.
Spielablauf
Zu Beginn stellt jeder Spieler eine seiner Mühlen auf ein Startplättchen, danach führen alle Spieler reihum folgende Aktionen durch:
- Einkauf: Der Gildemeister wird auf das Plättchen gezogen, das man gerne hätte; der eigene Kaufmann wird dann um soviel Gulden weiterbewegt, wie der Gildemeister Plättchen übersprungen hat. Anschließend nimmt man sich das gewünschte Plätzchen, zuvor legt man aber ein Plättchen vom entsprechenden Nachziehstapel an den freigewordenen Platz.
- Landgewinnung: Hat man gerade ein Landschaftsplättchen bekommen, so wird dieses an eine eigene Mühle angelegt, handelt es sich dagegen um ein Mühlenplättchen, so muss dieses an ein bereits erschlossenes Gebiet angelegt werden. Setzt man eine eigene Mühle auf ein Mühlenplättchen, so werden die angrenzenden Inselplättchen umgedreht. Für jeden aufgedeckten Bauernhof bekommt man einen Stuiver.
- Ernte: Sobald ein Mühlenplättchen mit Mühle darauf vollkommen umschlossen ist, kann geerntet, also gewertet werden. Hierzu werden die Zahl des Mühlenplättchens und die der umschließenden Plättchen addiert und der Zählstein um die entsprechende Summe vorgezogen. Monokultur, also nur eine Landschaftsart, wird bestraft, indem der Spieler bei dieser Ernte keine Punkte bekommt. Sind dagegen alle drei Arten vertreten, gibt es einen Bonus von 5 Punkten.
Einmal pro Zug kann ein Stuiver abgegeben werden, dann darf der Spieler nochmals alle Aktionen durchführen. Das Spiel endet, sobald ein Kaufmann absichtlich oder gezwungenermaßen auf ein leeres Werkstattfeld oder auf einen leeren Marktstand zieht.
Folgende Zusatzregeln können unabhängig voneinander verwendet werden:
- Rekord-Ernte: Zweimal pro Spiel darf jeder Spieler mit einem Rekordmarker sein bestes Ergebnis auf der Siegpunktleiste markieren. Die vier besten Ernten werden zusätzlich mit Siegpunkten (5, 10, 15 und 20 Punkten) belohnt.
- Stadtvogt: Auf einigen Inselplättchen ist ein Stadtvogt abgebildet. Dieser bewirkt, dass die Ernte überwacht wird: Der Ernteertrag wird mit dem Wert vor dem vordersten Gulden des Kontorkreises verglichen. Ist die eigene Ernte gleich oder höher, erhält man fünf Siegpunkte, andernfalls verliert man fünf. Wer zum Schluss des Spiels die meisten Stadtvögte besitzt, bekommt 10 Bonuspunkte, steht allerdings noch ein Stadtvogt auf dem Spielplan, so werden fünf Punkte abgezogen.
- Taktisches Spiel: Die Rückseite des Spielplans wird benutzt, die zufälligen Elemente durch das Umdrehen der Inselplättchen entfallen.
Fazit
Über das Spielmaterial von Seeland kann man sich nicht beschweren, denn es ist wirklich schön. Auffallend ist, dass die Spielerfarben nicht "dem Standard" entsprechen, denn es gibt grau, braun, orange und beige. Diese Farben kann man gut unterscheiden und sie passen auch in die Landschaft. Der Spielplan befindet sich in Einzelteilen in der Schachtel, er muss wie ein Puzzle zusammengesetzt werden. In meinen Augen ist das von Vorteil, da so alle Schwachstellen eines gefalteten Spielplans entfallen. Allerdings war ich beim Ansehen des Spielplans etwas enttäuscht. Vermutlich wegen des Spieltitels und der Geschichte hinter dem Spiel hatte ich auch erwartet, eine Karte von Seeland zu sehen. Dabei ist es auf Grund der Größenverhältnisse, schließlich kann man Bäume und Schafe erkennen, verständlich, das es eben nicht so ist.
Die Spielregel ist vorbildlich, die grundlegenden Spielregeln sind einfach und verständlich erklärt, es gibt viele Beispiele und Graphiken. Die Aufteilung der Spielregel in drei einzelne Blätter bzw. Heftchen gefällt sicher nicht jedem, ich halte sie aber für sinnvoll, da so Neulinge nicht durch eine zu umfangreiche Spielregel erschlagen werden. So kann man sich nach und nach mit den unterschiedlichen Zusatzregeln von Seeland beschäftigen.
Durch den beidseitig bedruckten Spielplan, mit Inselplättchen umdrehen auf der einen und vorgedruckten Landschaftsplättchen auf der anderen Seite, sind zwei unterschiedliche Spiele möglich. In dem einen Fall muss auf ein Landschaftsplättchen reagiert werden, im anderen Fall treten solche Unwägbarkeiten nicht auf, es ist also weitaus taktischer. Auch durch die Zusatzregeln kann das Spiel verändert werden, je nachdem wie es gerade erwünscht ist. Jedes dieser Spiele hat seinen eigenen Reiz. Es sollte so für jeden Spielertyp etwas dabei sein.
Egal für welches Spiel man sich entscheidet, eins sollte man bei Seeland aber können: Zahlen im Kopf zusammenzählen. Schließlich muss nicht nur bei jeder Ernte addiert (7+5+4+0+2+2+4) werden, sondern die Addition spielt auch bei der Entscheidung, welches Plättchen am besten als nächstes genommen wird, eine große Rolle.
Seeland kann für die unterschiedlichsten Spielertypen "zurechtgestrickt" werden, hat schönes Material und macht zudem in jeder Besetzung Spaß. Kann man sich mehr von einem Spiel wünschen?
Spiel: Seeland
Autor: Günter Burkhardt, Wolfgang Kramer
Illustration: Franz Vohwinkel
Verlag: Ravensburger Spieleverlag
Anzahl: 2-4 Spieler
Alter: ab 9 Jahre
Dauer: ca. 45-60 Minuten
Jahr: 2010
Preis:ca. 26 Euro (Stand 01.04.2010)