Die Tore der Welt

Die Tore der Welt, 2-4 Spieler, ab 12 Jahren, ca. 90-120 MinutenIm Frühjahr habe ich ihn verschlungen, den Roman Die Tore der Welt von Ken Follett. Der Weg zu dem Brettspiel Die Tore der Welt, auf der Spiel 09 in Essen vom Kosmos Verlag vorgestellt, war klar, auch wenn ich eigentlich einen großen Bogen um Spiele mache, die ein Buch als Vorlage haben. Ebenso geht es mir mit Filmen, wenn ich zuvor von dem Buch begeistert war. Zu oft habe ich schon erlebt, dass die Personen Gesichter und Stimmen bekommen haben, die nicht zu meiner eigenen Vorstellung passten und das die Handlungen verfremdet werden. Die Säulen der Erde, ebenfalls von Ken Follett, habe ich gelesen und auch das, beinah hätte ich zugehörige geschrieben, Brettspiel (Kosmos Verlag) gespielt, beides hat fasziniert, wenn auch auf total unterschiedlichen Ebenen. Also sind eigentlich alle Voraussetzungen erfüllt.

Die Spielschachtel von Die Tore der Welt hat das typische quadratische Format. Das Cover wirkt schon fast wie ein Gemälde, allerdings stört die Schrift bei dem Betrachten des Bildes etwas. Durch einen Spitzbogen blickt man auf die Brücke von Kingsbridge. Über diese ziehen zahlreiche Personen, vermutlich Händler, zu dem im Hintergrund liegenden Ort Kingsbridge, dessen Kathedrale den übrigen Ort dominiert.

SchachtelrückseiteAuf der Schachtelrückseite fällt einem zuerst der Spielplan auf. Dieser zeigt den Ort Kingsbridge und ist von Michael Menzel wirklich schön gestaltet. Die dort bereits ausliegenden Spielmaterialien fallen erst auf den zweiten Blick auf. Um den Plan herum ist weiteres Spielmaterial, diverse Karten, Gebäudeabbildungen und auch Marker zu erkennen. Selbst die technischen Daten ( 2-4 Personen, ab 12 Jahren, ca. 90-120 Minuten für Entscheidungsfreudige, Ästheten, Planer und Glückspilze) werden optisch ansprechend auf einer mittelalterlichen Rolle präsentiert. Die schicksalshaften Ereignisse im englischen Spätmittelalter prägen das Leben der Einwohner von Kingsbridge, jenem Ort, an dem 200 Jahre zuvor die größte und schönste Kathedrale des Landes erbaut wurde. Die Spieler müssen sich um ihre Ernährung kümmern und für ein ausreichendes Einkommen sorgen. Durch ihre Beteiligung an verschiedenen Bauvorhaben wächst schon bald ihr Ansehen. Doch auch Frömmigkeit und Loyalität spielen eine wichtige Rolle. Denn wer den Oberen der Gesellschaft nicht gefällig ist, riskiert viel. Nicht zuletzt kann medizinisches Wissen im Kampf gegen den "Schwarzen Tod" der entscheidende Baustein auf dem Weg nach oben sein. Spätestens beim Lesen dieses Textes kribbelt es in den Fingern und man möchte loslegen.

Material und Spielregel
SpielmaterialÖffnet man die Spielschachtel, so fällt erst einmal die Spielanleitung auf, deren erste Seite das Coverbild wiederholt; ein zusätzliches Blatt ist allein dem Material und den Spielvorbereitungen gewidmet. Das nächste Highlight ist der Spielplan, dieser gibt den Ort Kingsbridge wieder, zwar nicht genau so, wie das Bild nach der Lektüre des Buches in meinem Kopf entstanden ist, aber der Detailreichtum des von Michael Menzel gestalteten Plans lässt das schnell verschmerzen. Des Weiteren gibt es 7 Bauvorhaben Bauvorhaben(Walkmühle, Marienkapelle, St. Mark, Hospital, Priorspalast, Turm und Brücke) und 4 Sichtschirme aus stabilem Karton. Die 28 Geldmünzen, die 46 Symbolplättchen (12 Frömmigkeit, 20 medizinisches Wissen, 14 Loyalität), die 8 Spendensiegel, 11 Pestplättchen und die 5 Abdeckplättchen sowie das Startspielerwappen sind etwas dünner, aber immer noch ausreichend dick. Aber auch Holzteile (25 x Stein, 15 x Holz, 1 x Metall, 10 x Getreide, 15 x Wolle, 12 x Tuch, 16 Häuser, 4 Siegpunktsteine und ein Steuerwürfel) zählen zum Spielmaterial. Auch 48 Aktionskarten, 44 Ereigniskarten, 4 Kapitelabschlusskarten und 4 Übersichtskarten, jeweils in guter Kartenqualität, liegen dem Karton bei.

Das Anleitungsheft ist zweigeteilt, genauer gesagt sind die Aufzählung des Spielmaterials und die Beschreibung der Spielvorbereitung auf einem extra Blatt zu finden. Im eigentlichen Heft findet man dann die Punkte: Spielziel, Spielablauf, Ablauf einer Spielrunde, Ende des Spiels und Nähere Erläuterungen zu einigen Ereigniskarten. Leider hat sich in meinem Exemplar eine der Heftklammern schon zu Anfang gelöst. Schade, denn so leidet das Heft bei jedem Nachschlagen. Doch zurück zum Inhalt. Die Schrift ist, selbst für mich, ausreichend groß, die Spielregeln verständlich beschrieben. Meist nicht nur durch Worte, sondern auch durch Bilder. Für Erstspieler gibt es farblich markierte Abschnitte, in denen jeweils vereinfachte Regeln beschrieben sind, die zum Einstieg empfohlen werden. In meinem ersten Spiel habe ich mich daran gehalten und hatte keine Probleme in das Spiel Die Tore der Welt hineinzufinden, auch wenn sich die volle Tiefe erst in folgenden Spielen erschlossen hat.

Spielziel
Möglichst viele Siegpunkte zu erreichen ist das Ziel des Spiels. Zu Siegpunkten kann man auf unterschiedlichen Wegen kommen, Beteiligung an Bauvorhaben und Versorgung erkrankter Einwohner sind die Wichtigsten.

Spielvorbereitung
Bestückter SpielplanAuf Grund des reichhaltigen Spielmaterials dauert die Spielvorbereitung ein paar Minuten, ist aber mit der Beschreibung auch kein Problem. Jeder Spieler sollte vor einer Spielplanseite sitzen. Der Spielplan gehört in die Tischmitte, jeder Spieler bekommt einen Satz Aktionskarten, 4 Häuser, 2 Spendensiegel, einen Siegpunktstein, eine Übersichtskarte und eine Sichtblende in seiner Spielfarbe. Zusätzlich gibt es für jeden Spieler noch 1 Wolle und 2 Geld. Die Siegpunktsteine werden auf Feld 8 der Siegpunktleiste gesetzt. Steine, Holz, Getreide und die Symbolplättchen "Frömmigkeit" kommen an die entsprechenden Stellen auf dem Spielplan, Tuch, Wolle, Loyalität, medizinisches Wissen, Geld, Abdeckplättchen, Metall und Steuerwürfel werden neben den Spielplan gelegt. Ereigniskarten (Kapitel I - IV) und StartspielerwappenNoch die Ereigniskarten nach den römischen Ziffern auf den Rückseiten in 4 Stapel sortieren und mischen, danach 6 Karten abzählen, die dann verdeckt neben den Spielplan gelegt werden. Unter jeden dieser Stapel kommt noch die Kapitelschlusskarte mit der Textseite nach oben. Auch die Bauvorhaben werden zurecht gelegt, wobei für Brücke und Turm besondere Regeln gelten; die Brücke kommt bereits auf den Spielplan, und der Turm, genau wie die Pestplättchen, zwischen die Kartenstapel II und III. Zum Abschluss der Vorbereitungen noch den Gunststein auf das erste Feld "Geächtete" des Gunstbogens legen, das Tuchfeld mit einem Abdeckkplättchen verdecken und dem Startspieler das Startspielerwappen geben.
 
Spielablauf

Ereigniskarten mit KapitelschlusskarteDas Spiel gliedert sich in vier Kapitel, welche wiederum in 6 Runden unterteilt sind. Am Ende jeden Kapitels müssen die Spieler ihre Pflichtabgaben leisten; können sie es nicht, verlieren sie Siegpunkte und es gibt Strafen. Die Pest, und mit ihr natürlich auch die Pestmarker, kommt nach Kapitel II ins Spiel. Ab jetzt kann man Siegpunkte nicht nur durch Beteiligung an Bauvorhaben, durch die Ereigniskarten oder durch die richtige Platzierung des Gunststeins auf dem Gunstbogen, sondern auch durch die Versorgung kranker Einwohner bekommen. Doch der Reihe nach.

Eine Spielrunde besteht aus:

  1. Die Ereigniskarteoberste Ereigniskarte aufdecken und sofortiges Ereignis ausführen
    Es gibt Ereignisse, die nur diese Runde betreffen (gelb) und Ereignisse, die für das ganze Kapitel gelten (blau). Letztere werden nach der jeweiligen Runde zur Erinnerung an die markierten Stellen des Spielplans gelegt. 
  2. Die Ereigniskarte ausrichten
    Jede Ereigniskarte hat Symbole in ihren Ecken. Je nachdem, wie diese auf den Plan gelegt wird, bekommt derjenige Spieler, auf den die Ecke gerichtet ist, in der Einkommensphase 1 Stein, 1 Getreide, 1 Wolle, 1 medizinisches Wissen, 1 Siepunkt, 1 Holz, 1 Frömmigkeit, 1 Loyalität oder 1 bzw. 2 Geld. Auch die Schrittweite des Gunststeins wird durch das Legen der Karte bestimmt, je nachdem ob der Pfeil auf die 0, 1, 2 oder 3 zeigt. 
  3. Alle Spieler erhalten ihr Einkommen
    Jetzt bekommen alle Spieler das von der Ereigniskarte vorgegebene Einkommen.
  4. Die Bewegung des Gunststeins
    Entsprechend der Zahl, auf die der Pfeil der Ereigniskarte zeigt, wird der Gunststein vorwärtsbewegt. Die Gunst (bei einer Null gibt es keine Gunst, da der Gunststein auch nicht weiterbewegt wird) betrifft immer nur den aktiven Spieler. Es gibt Felder, bei denen es immer etwas gibt, Felder, auf denen es nur unter bestimmten Bedingungen etwas gibt und Felder, auf denen man zahlen muß.
  5. Jeder Spieler spielt eine Aktionskarte und berücksichtigt dauerhafte Ereignisse
    Jeder Spieler hat 12 Aktionskarten, darf aber pro Kapitel immer nur 6 von ihnen aktiv einsetzen. Daher wird in jeder Runde eine Karte offen, die andere verdeckt ausgelegt.
AktionskartenAktionskarten Baumaterial und Medizin

Wenn die sechs Aktionskarten alle gespielt wurden, wird das Kapitel beendet. Auf der nun sichtbar gewordenen Kapitelschlusskarte sind alle jetzt zu befolgenden Anweisungen zu finden. An jedem unvollendeten Bauvorhaben wird weitergebaut, ausliegende Abdeckplättchen und dauerhaften Ereignisse werden entfernt, nach Kapitel II werden das Bauvorhaben "Turm" und die 11 Pestplättchen auf den Plan gelegt, die Pflichtabgaben sind zu leisten (2 Frömmigkeit, 2 Getreide sowie die Steuern müssen abgegeben werden), etwaige Strafen werden in der nächsten Runde berücksichtigt. Außerdem wird noch das Startspielerwappen weitergegeben. Das nächste Kapitel beginnt nun.

Nach dem 4. Kapitel endet das Buch Spiel. Falls jetzt nicht alle Pflichtabgaben geleistet werden können, kommt es zum doppelten Siegpunktverlust für jede fehlende Einheit. Jedes vorhandene Baumaterial (Stein und Holz) bringt jeweils noch einen zusätzlich Siegpunkt, Geld ist dagegen nur einen halben Siegpunkt wert. Wer jetzt die meisten Siegpunkte hat, hat das Spiel gewonnen.

Fazit
An Spielmaterial mangelt es bei Die Tore der Welt mit Sicherheit nicht, zudem die Qualität mehr als zufriedenstellend ist. Einzig der wirklich wunderschön gestaltete Spielplan schwächelt etwas. An den Knickstellen löst sich trotz aller Sorgfalt das Obermaterial etwas ab, kann aber durchaus mit einem geeigneten Kleber selbst wieder befestigt werden. Einen weiteren Minuspunkt hat sich die Spielregel eingehandelt, da sich bereits beim ersten Blättern eine Heftklammer gelöst hat und man jetzt mit doppelter Sorgfalt vorgehen muss, damit nichts einreißt. Inhaltlich ist an der Spielregel aber nichts auszusetzen. Alle nötigen Informationen sind in Wort und Bild vorhanden und auch verständlich beschrieben. Etwas seltsam kam mir auch vor, dass immer wieder von "Geld" die Rede ist. "Diese beträgt zwischen 2 oder 5 Geld" klingt doch etwas seltsam.

Es ist zwar immer der gleiche Spielplan, aber da von den 11 vorhandenen Ereigniskarten immer nur 6 ins Spiel kommen, weiß man nie, was einen im Spiel wirklich erwartet. Als Bauvorhaben sicher sind nur die Brücke und der Turm, die restlichen werden von den Karten entschieden. Bei DieTore der Welt kommt es nicht darauf an, sich vor dem Spiel eine Strategie auszusuchen und diese strikt zu befolgen, vielmehr muß man flexibel auf alles reagieren können. Denn es kommt meistens anders als man sich vorher ausgedacht hat. Mit dem Ausrichten der Karten hat man ja nicht nur Einfluß auf das, was man selbst bekommt (durch Karte und Gunststein), sondern auch, was die jeweiligen Mitspieler bekommen. Oft heißt es nicht, "Was nützt mir am meisten?" sondern "Was nützt den anderen am wenigsten?". Große Leerlaufzeiten gibt es nicht, da in jeder Runde nicht nur der aktive Spieler spielt. Die Tore der Welt lässt sich in jeder Besetzung gut spielen. Im Spiel zu zweit kann man etwas mehr planen und dann auch durchführen, da einem ja nur eine Person einen Strich durch die Rechnung machen kann.

Man muß den Roman Die Tore der Welt nicht gelesen haben, um das Spiel Die Tore der Welt spielen zu können und zu mögen. Es ist auch dann ein schönes Spiel, das man immer wieder gerne aus dem Regal holt. Doch nach Lektüre des Buches weiß man viele Ereignisse besser einzuordnen, in meinen Augen wird das Spiel dadurch stimmungsvoller. Wirklich eine gelungene Romanumsetzung.

 

Ich danke dem KOSMOS - Verlag für die freundliche Bereitstelllung des Rezensionsexemplares

Spiel: Die Tore der Welt
Autor: Michael Rieneck, Stefan Stadler
Buchvorlage: Ken Follett
Illustration: Michael Menzel
Verlag:  KOSMOS Verlag
Anzahl: 2-4 Personen
Alter: ab 12 Jahre
Dauer: ca. 90-120 min
Jahr: 2009
Preis: ca. 32 Euro (Stand 01.12.2009)   

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