Archipelago
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- Kategorie: Angespielt
- Veröffentlicht: Freitag, 18. Oktober 2013 08:35
- Geschrieben von Petra
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Archipelago (Ludically) heißt das semi-kooperative Spiel von Christophe Boelinger, das vor mir liegt. Ein Blick ins Wörterbuch hat mir verraten, dass Archipelago ein englisches Wort ist und Inselgruppe bedeutet.
Doch nicht der Spieltitel zieht das Auge des Betrachters auf sich, sondern wohl eher der Dreimaster und das blaue Meer. Erst ein zweiter Blick offenbart, dass hier anscheinend Entdecker unterwegs sind.
Dieses Spiel lässt das große Zeitalter der Erkundungen wiederaufleben, eine Zeit bahnbrechender Entdeckungen und der Kolonisierung neuer Welten durch europäische Seefahrer. Archipelago spielt in der Zeit von 1492 (Entdeckung der Antillen durch Christoph Kolumbus) bis 1797 (Kolonisierung von Tahiti). Mit diesen Worten beginnt der Text auf der Rückseite der Spielschachtel. Im folgenden Text wird näher auf das Spielgeschehen selbst eingegangen. Einen ersten Eindruck vom Spielmaterial liefert die Abbildung einer Spielsituation. Eine Liste des Spielmaterials ist ebenso zu finden wie die technischen Daten (2-5 Spieler, 30-240 Minuten, ab 14 Jahren).
Material und Spielregel
Aus 9 Stanzbögen müssen zunächst alle Kartonteile herausgelöst werden, anschließend kommen die "leeren" Bögen unter das Kunststoffinlay. Zum Kartonmaterial zählen die Spielpläne "Lokaler Markt", "Exportmarkt", "Stabilität der Kolonie", "Arbeitsmarkt" sowie das Aktionsrad und die kombinierte Entwicklungs- und Zählleiste. Des Weiteren gehören 51 Florinmünzen (21 Fünfer, 30 Einer), 24 Entdeckerplättchen, 13 Markt-/Hafenplättchen, 13 Stadt-/Tempelplättchen und 25 sechseckige Archipelfelder zum Spielmaterial aus stabilem Karton. Aus viel dünnerer Pappe sind dagegen die 5 Sichtschirme in den Spielfarben Rot, Blau, Grün, Gelb und Violett. In den gleichen Farben gibt es auch 5 Spielfiguren-Sets aus Holz, die jeweils 4 Schiffe, 10 Bürger, 5 Aktionsscheiben und einen Spielstein für die Spielerreihenfolge enthalten. Aus dem gleichen Material sind auch die 82 Ressoucenwürfel, jeweils 15 grüne für exotische Früchte, 15 orange für Rinder, 15 blaue für Fische, 15 braune für Holz, 12 weiße für Stein und 10 schwarze für Eisen. Ebenfalls aus Holz sind die graue Figur für den "Arbeitsmarkt" und die weiße und schwarze Figur für die "Stabilität der Kolonie". 52 Spielkarten im "normalen" Format sind ebenfalls enthalten, dazu zählen 30 geheime Spielzielkarten, jeweils 10 für die verschiedenen Spiellängen und 12 Trendkarten. 48 Karten haben dagegen quadratisches Format. Während die Kartenvorderseite als Entwicklungskarte bezeichnet wird und sich gleichermaßen in Charakter- und Fortschrittskarten aufteilt, heißen die Rückseiten Krisenpräventionskarten.
Eine 20-seitige Spielregel ist ebenfalls vorhanden. Dort wird zunächst näher auf das Spielmaterial und den Spielbau eingegangen. Danach wird die Runde #0 - Entdeckung des Archipels näher erläutert. Nach einem kurzen Hinweis Wie man gewinnt geht es mit dem Ablauf einer Spielrunde weiter. Anschließend werden die Phasen 1 bis 6 und das Spielende in allen Facetten beschrieben. Im Anschluss daran wird näher auf die 2-Spieler-Spielregeln eingegangen und einige Varianten genannt. Den Schluss bilden ein Karten-Glossar, ein Inhaltsverzeichnis und Erläuterungen der Spielzielkarten.
Spielziel
Auch bei Archipelago geht es um Siegpunkte. Denn der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt am Ende. Einige Entwicklungskarten, die man während des Spiels erwirbt, liefern Siegpunkte, aber die meisten gibt es für die Aufgaben der Trend- und Spielzielkarten. Nur die eigene Spielzielkarte ist dem Spieler bekannt. Es ist jedoch auch möglich, gemeinsam das Spiel zu verlieren.
Spielvorbereitung
Zunächst kommen die 4 Spielpläne, die Entwicklungsleiste und das Aktionsrad auf den Spieltisch. Das Startarchipel wird so auf den Tisch gelegt, dass an allen Seiten genügend Platz zum Anlegen weiterer Archipelfelder ist. Dann erhält jeder Spieler einen Sichtschirm, ein Schiff, 2 Bürger, 3 Aktionsscheiben, den Spielstein für die Spielerreihenfolge und das Startkapital. Die verschiedenen Marktstände des Lokalen Marktes werden mit jeweils einer Ressource bestückt, die drei Einzelfiguren kommen auf die entsprechenden Spielpläne. Die Schiffe kommen auf das Startarchipel und die Reihenfolge-Spielsteine auf die entsprechende Leiste. Der Spielkarton wird als Bank benutzt und steht daher auch auf dem Spieltisch.
In der folgenden Runde #0 werden die ersten Archipelfelder angelegt, die Bürger eingesetzt, die ersten Ressourcen verteilt, die ersten Karten des Entwicklungsstapels aufgedeckt und die Trend- und Spielzielkarten gezogen. Zwei sichere Möglichkeiten zu punkten sind nun jedem Spieler bekannt, außerdem weiß jeder Spieler jetzt, wann er das Spielende ansagen muss.
Spielablauf
Jede Spielrunde besteht aus 6 Phasen und beginnt mit der Deaktivierung. Liegende Spielfiguren werden wieder hingestellt, Ressourcensymbole werden freigemacht und zuvor genutzte Karten wieder in Ausgangsposition gedreht. Über eine Versteigerung wird anschließend die Spielerreihenfolge festgelegt. Danach wird geprüft, ob Bevölkerungseffekte vorliegen und die Figuren auf den Spielplänen "Stabilität der Kolonie" und "Arbeitsmarkt" entsprechend bewegt. Der Plan "Stabilität der Kolonie" gibt an, wie hoch die Bevölkerung des Archipels und das Rebellionspotenzial ist. Auf dem Plan "Arbeitsmarkt" kann man ablesen, wieviel freie Arbeiter zur Verfügung stehen und welche Kosten bei Verpflichtung entstehen.
Es folgt Phase 4: Gleichgewicht auf dem Archipel. Nun wird die oberste Karte der Krisenpräventionskarten betrachtet. Bei Krisen legt diese Karte jeweils fest, welche Ressourcen abgegeben werden müssen, damit die Nachfragekrisen des lokalen und des Exportmarktes bewältigt werden können. Praktisch wird dies beim lokalen Markt zunächst durch Hinlegen aller Figuren auf dem Archipel und sukzezziven wieder Aufrichten durchgeführt. Figuren, die am Ende der Phase noch liegen, zählen als Rebellen und können in der Aktionsphase nicht genutzt werden. Außerdem wird der Rebellenanzeiger um die Anzahl der Rebellen weiter vorgezogen. Wird die Krise auf dem Exportmarkt nicht befriedigt, steigt das Rebellionspotenzial für jede nicht bereitgestellte Ressource ebenfalls an. Auch einige Ereignisse können jetzt eintreten.
Es folgt die Aktionsphase. Gemäß Spielerreihenfolge platzieren die Spieler nun nacheinander jeweils eine Aktionsscheibe auf dem Aktionsrad. Einige Aktionen können mehrfach, andere nur einmalig von den Spieler gewählt werden. Es gibt auch Aktionen, die in ihrer Anzahl begrenzt sind. Beim "Ernten" werden Ressourcenfelder mit eigenen Figuren oder, beim Fisch, mit Schiffen besetzt und die passende Anzahl Ressourcen aus dem Vorrat genommen. Reproduktion ist ebenso möglich wie die Rekrutierung freier Arbeiter. Allerdings dürfen auf einem Archipelfeld nie mehr als 3 eigene Figuren sein. Weitere Möglichkeiten sind Handel, d.h. Kauf oder Verkauf einer Ressource auf dem lokalen oder dem Exportmarkt sowie Steuern. Bei den Steuern gibt es Geld für jeden Bürger, jedes Schiff, jede Stadt und jeden Tempel im eigenen Besitz, allerdings steigt auch das Rebellionspotenzial an. Auch Bauen ist möglich. Gebaut werden können Schiffe, Städte, Märkte, Häfen und Tempel, wobei natürlich die entsprechenden Kosten gezahlt werden müssen. Schiffe müssen auf ein Feld mit einer noch untätigen Figur gesetzt werden, bei den übrigen Bauten wird ein Plättchen auf das Archipelfeld gelegt und mit einer Figur besetzt. Jedes besetzte Plättchen hat bestimmte Vorteile für den Spieler, bei Häfen und Märkten beispielsweise kann ein Florin auf den entsprechenden Bereich des Aktionsrads gelegt werden, um die zugehörigen Märkte zu nutzen. Weitere Möglichkeiten sind die Migration, also das Bewegen von Schiffen oder Figuren von einem Archipelfeld auf das nächste und die Entdeckung, bei der ein neues Archipelfeld angelegt und erkundet wird. Meist sind Aktionen nur möglich, wenn die entsprechenden Figuren oder Schiffe noch frei sind.
Als nächstes heißt es Kauf von Entwicklungskarten. Jeder Spieler hat nun die Wahl. Entweder kauft und dreht er jeweils eine Karte, oder er dreht zwei unterschiedliche Karten. Durch das Drehen ändern sich zunächst zweimal die Preise der jeweiligen Karte, danach wird diese Karte schließlich entfernt. Auf einen freigewordenen Platz kommt sofort eine neue Entwicklungskarte. Wenn auf dem Stapel der Krisenpräventionskarten dadurch eine Karte mit rotem Hintergrund erscheint, muss diese Nachfragekrise sofort abgehandelt werden.
Das Spiel endet sofort wenn das Rebellionspotenzial die Anzahl der Bevölkerung übersteigt oder am Zugende des aktiven Spielers, wenn die Endbedingung einer Spielzielkarte erfüllt wird. Im ersten Fall gewinnt das Spiel, sofern kein Spieler die Separatistenkarte besitzt, andernfalls gewinnt dieser Spieler. Wurde das Spiel dagegen über eine Spielzielkarte beendet, so werden nun die Siegpunkte ermittelt. Gewertet wird, was Trendkarte und Spielzielkarten vorgeben. Auch einige Entwicklungskarten liefern Siegpunkte. Schließlich gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.
Fazit
Auch wenn das eigentliche Spielmaterial durchaus in Ordnung ist, die Kombination Spielmaterial und Kunststoffinlay ist es nicht. Die Archipelfelder an der dafür vorgesehenen Stelle in der Schachtel unterzubringen gestaltet sich als schwierig. Das ganze ist eher eine Presspassung, und ganz schnell können sich die Ecken verbiegen, wenn man es zu eilig hat. Mit der Zeit geht das Ganze einfacher, aber die ersten Male ist Vorsicht angebracht. Bei den Entdeckerplättchen gibt es ein anderes Problem, jeweils 8 sollen übereinander gestapelt werden, aber nur 7 Plättchen passen problemlos übereinander.
Das Spielmaterial hat einen hohen Aufforderungscharakter. Die kleinen Schiffe und die Bürger, auch die "Landkarte" die entsteht sind schön anzusehen. Die Archipelfelder selbst sind sehr detailreich gestaltet, allerdings führt das auch dazu, dass man genauer hinsehen muss um die Hütten sicher von den Holzstapeln zu unterscheiden.
Die Spielregel ist verständlich geschrieben, auch die Schrift ist meistens gut zu lesen, nur die kursiven Texte bereiten je nach Tageszeit und Beleuchtung manchmal Probleme. Viele passende Bilder und Beispiele erläutern zudem den Regeltext. Alle Fragen beantwortet die Spielregel jedoch nicht. Bei den Nachfragekrisen stellt sich mir die Frage, ob ein Spieler mehr als eine Ressource pro Spieler abgegeben werden darf. Eindeutig klingt die Erläuterung in der Spielregel nicht: Ein Spieler kann die nachgefragte Ressource entweder vom Spielplan des lokalen Marktes nehmen oder aus seinem eigenen Vorrat hinter dem Sichtschirm. Gut finde ich auch, dass die Spielzielkarten am Ende des Heftes erklärt werden, so kann man auch während des Spiels schnell nochmal nachschauen, welche Karten die Mitspieler denn haben könnten. Warum im Karten-Glossar dagegen nur einige Karten erklärt werden erschließt sich mir nicht wirklich.
Archipelago ist ein semi-kooperatives Spiel, mit allen Vor- und Nachteilen eines derartigen Spiels. Einerseits sind die Spieler gezwungen, zusammen zu arbeiten, hier also bei den Nachfragekrisen, andrerseits spielt man gegeneinander, da wohl jeder gewinnen möchte. Oder zumindest nicht letzter werden. Hat man jedoch einen, oder gar mehrere Mitspieler dabei, die nicht für die Gruppe spielen wollen, sondern nur an den eigenen Vorteil denken, funktioniert das Spiel nicht.
Mich persönlich stört bei dem "normalen" Spiel mit verdeckten Spielzielkarten, dass man die ganze Zeit agiert, um am Ende dann festzustellen, dass alles nichts genutzt hat, wenn auch die Spielzielkarten der Mitspieler aufgedeckt werden. Gegen das Glückselement während des Spiels, welche Entwicklungs- bzw. Krisenpräventionskarten oder Archipelfelder denn im Spiel als nächstes zur Verfügung stehen, habe ich nichts, bringt das doch auch Abwechslung in die verschiedenen Partien.
Es gibt Spiele für die benötigt man Zeit. Zum Regel selbst verstehen, erklären, spielen. Wer diese Zeit nicht hat oder nicht investieren möchte, sollte besser einen großen Bogen um Archipelago machen. Denn dieses Spiel fordert einen. Es gibt zahlreiche "kleine" Regeln, die es zu beachten gilt. Und die man wieder nachlesen muss, wenn die Spielpause zu lang war.
Für eine feste Spielgruppe mit einer Vorliebe für komplexe, semi-kooperative Spiele ist Archipelago sicher ein oder mehrere Testspiele wert.
Ich danke Asmodee für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares
Spiel: Archipelago
Autor: Christophe Boelinger
Illustration: Vincent Boulanger, Ismaël Pommaz, Chris Quilliams
Verlag: Ludically
Vertrieb: Asmodee
Anzahl: 2-5 Spieler
Alter: ab 14 Jahre
Dauer: ca. 30-240 Minuten
Jahr: 2012
Preis: ca. 56 Euro (Stand 17.10.2013)