First Train to Nürnberg

First Train to Nürnberg, 2-4 Spieler, ab 12 Jahren, ca. 45 - 120 Minuten First Train to Nürnberg (Argentum Verlag) heißt die deutsche Auflage von Last Train to Wensleydale. Nach meinem Erfahrungen vom letzten Jahr habe ich diesmal bereits im Vorfeld einen Blick auf die Neuheit des Argentum Verlags geworfen, zumal Last Train to Wensleydale in Spielerkreisen nicht ganz unbekannt ist.
 
Das Cover der Spielschachtel wird von einem Bild dominiert, auf dem es wirklich viel zu sehen gibt. Zum einen natürlich den Zug. Recherchen im Internet haben ergeben, dass es sich hierbei um den Adler (die Dampflok) handelt, der auch tatsächlich auf der Strecke Nürnberg - Fürth gefahren ist. Es ist wirklich eine schöne Lok. Es lohnt sich wirklich, das Bild genau zu betrachten. Die Kleidung der Menschen, das mit Fässern beladene Gespann, der Junge mit dem Extra-Blatt, dessen Schlagzeile "Last train to Wensleydale" lautet. Die drei fliegenden Enten fallen mir auch auf. Über dem Bild, oder eigentlich fast ein Teil dessen, ist der Schriftzug First Train to Nürnberg.
 
Schachtelrückseite
 
Auf der Rückseite der Schachtel gibt es auch den geschichtlichen Hintergrund dazu: Vor 175 Jahren, am 7. Dezember 1835, wurde die erste deutsche Eisenbahnstrecke mit Dampfkraft für den Personen- und Güterverkehr zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet. 13 Jahre später begann auch in England im Gebiet Wensleydale der Warentransport auf Schienen. Der weitere Text, es gibt ihn sowohl auf deutsch als auch auf englisch, verrät einiges über den Spielablauf: Die Spieler übernehmen die Rolle eines Eisenbahnmäzens mit den Investitionen hunderter lokaler Landbesitzer im Rücken. Ihr Ziel ist es, Strecken zu bauen und durch den Transport von Passagieren, Bier, Post, Käse und Steinen Profit zu erwirtschaften. Dabei sollte nicht der richtige Zeitpunkt verpasst werden unrentable Streckenabschnitte wieder zu verkaufen. 
 
Auf dem Bild unter den Texten sieht man das Spielfeld, zwei Tableaus und viele Holzteile. Natürlich fehlen auch die "technischen Daten" (2-4 Spieler, ab 12 Jahren, ca. 45 - 120 Minuten) sowie eine Auflistung des Spielmaterials nicht.

Material und Spielregel

SpielmaterialÖffnet man die Spielschachtel, so fällt zweierlei auf. Zum einen gibt es keinen Einsatz in der Spielschachtel, zum anderen ist fast das gesamte Material entweder aus Holz oder aus stabilem Karton. Für jeden Spieler gibt es 3 Lokomotiven, 15 Investitionssteine, 9 Spielermarker und 15 Streckenteile (orange, blau, schwarz, lila). Zum allgemeinen Spielmaterial zählen: jeweils 5 Einflussmarker (weiß, braun, rot, grün), jeweils 35 Streckenteile und 25 Passagiere für die großen Gesellschaften (rot, grün), 25 Landbesitzer (weiß). Nicht zu vergessen die Güter: 60 graue (weiße) Stein-/Bierwürfel und 60 gelbe Käse-/Postwürfel, sowie ein schwarzer Rundenmarker. Während das bisher aufgezählte Spielmaterial aus Holz ist, hat man bei dem Spielplan, dem Anzeigentableau und dem Eisenbahntableau zu stabilem Karton gegriffen.
 
Der Spielplan ist beidseitig bedruckt. Die beiden Pläne First Train to Nürnberg und Last Train to Wensleydale unterscheiden sich nicht nur durch die unterschiedlichen Regionen. Während es auf der Nürnberg-Seite nur Ebenen-, Hopfenfelder und Hügel sowie Flüsse an einigen Grenzen gibt, befinden sich auf der Wensleydale-Seite auch Täler, zum Teil sogar als "Sackgassen", dafür fehlen Flüsse; stattdessen gibt es mit The South ein Gebiet, in dem nur gestartet werden darf.
 
    Spielplan Last Train to Wensleydale Spielplanausschnitt Last Train to Wensleydale Spielplanausschnitt Last Train to Wensleydale Spielplanausschnitt First Train to Nürnberg
 
Auch die Tableaus sind beidseitig bedruckt, hier bestimmt die Spieleranzahl (2-3 und 3-4) die Seite. Das Eisenbahntableau zeigt jeweils drei Preisstufen an, wobei in jeder Preisstufe 3 (2-3 Spieler) oder 4 (3-4 Spieler) Züge abgebildet sind. Die einzelnen Züge unterscheiden sich in der Anzahl der Passagierplätze und der "Gütertransportplätze", wobei die Passagiere auf der Seite für 2-3 Spieler in jeder Preisstufe unterschiedliche Siegpunkte bringen, auf der anderen Seite hingegen immer nur ein Siegpunkt vergeben wird.
 
   Eisenbahntableau 2-3 SpielerEisenbahntableau mit Loks, Passagieren und GüternAnzeigentableauAnzeigentableau: Mögliche Spielsituation
 
Die Ähnlichkeit zwischen dem Anzeigentableau und den Geräten im Lokführerstand (Anzeige von Kesseldruck, Temperatur u.ä.) fällt sofort auf, wenn man auf das Anzeigentableau blickt. Nur dass auf diesem die Anzahl der Spielrunden, die Einflüsse auf Regierung, Betriebsmittel, Eisenbahngesellschaften (rot und grün), die Reihenfolgen bei Streckenbau, Zugkauf/Transport, und Bieten sowie der Gewinn bzw. Verlust abgelesen werden können. Auch die Einflussfelder, über die die jeweiligen Einflüsse gesteuert werden, findet man dort. Die beiden Seiten unterscheiden sich hauptsächlich dadurch, dass auf der einen (für 2-3 Spieler) Seite 6 Einflussfelder vorhanden sind, die zudem auch noch andere Einflussmarker aufweisen als die 8 Einflussfelder auf der anderen Seite (für 3-4 Spieler).
 
Zum Spielmaterial zählt auch ein Stoffbeutel. Spielanleitungen und Kurzregeln gibt es sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache. 
 
In der 12seitigen Spielanleitung gibt es zunächst einführende Worte zum geschichtlichen Hintergrund, sowohl der Eisenbahn als auch des Spiels. Die Anleitung ist gut strukturiert und beinhaltet die Bereiche SpielmaterialSpielablauf und Endwertung.Tipps von erfahrenen Eisenbahnmäzenen und Was gerne vergessen wird schließen diesen Teil ab. Den Punkt Spielvorbereitung findet man nicht im Regelheft, sondern gemeinsam mit den Kurzsspielregeln auf einem extra DIN A4 Blatt. Auf einem weiteren Extra-Blatt findet man die Letzte Meldung, dahinter versteckt sich eine vereinfachte Variante für Anfänger.
 
Spielmaterial aus HolzMaterial für einen Spieler: Loks, Investitionssteine, Spielermarker und StreckenteileExtra - Blatt: Vereinfachte Variante für Anfänger
 
Spielziel
Wie bei fast allen Spielen geht es auch hier um Siegpunkte. Während des Spiels gibt es diese bereits für transportierte Personen und Waren, in der Endwertung zählen dagegen nur komplette Sets (je ein Passagier in rot und grün, ein Stein-/Bierwürfel, ein Käse-/Postwürfel). Hat der Spieler Gewinn gemacht, gibt es zusätzliche Punkte, war es dagegen eher Verlust, werden Siegpunkte wieder abgezogen. Die eigenen Strecken, die sich zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Spielplan befinden, bringen einem zusätzliche Minuspunkte ein.
 
Spielvorbereitung
Die Spielvorbereitungen sind einfach, benötigen aber einiges an Zeit (und können nerven wenn es nur einer macht). Zunächst werden der Spielplan sowie die Tableaus  auf den Tisch gelegt. Danach werden erst die Güter und anschließend die Passagiere und Landbesitzer zufällig (aber an den passenden Stellen) auf dem Spielplan verteilt. Die genaue Vorgehensweise zu beschreiben schenke ich mir hier, schließlich kann man die Spielregeln jederzeit online beim Argentum Verlag nachlesen. Auch auf die Einflussfelder kommt jeweils ein zufällig gezogener Einflussmarker.
 
Nun erhält jeder Spieler die Spielmaterialien (Lokomotiven, Streckenteile, Investitionssteine und Spielermarker) in seiner Spielfarbe. Die Spielermarker werden auf den jeweiligen Startfeldern der Leisten des Anzeigentableaus und der Siegpunktleiste platziert, das restliche Material legt man griffbereit neben den Plan. Der Rundenmarker kommt auf das erste Feld der Rundenleiste.
 
  Spielplan First Train to Nürnberg Mögliche Verteilung von Passagieren, Landbesitzern und GüternDie ersten Strecken sind gelegt
Spielablauf
Wie weiter oben schon gesagt, gibt es die Spielregel auf den Seiten des Argentum Verlags. Daher werde ich an dieser Stelle nicht auf alle Einzelheiten eingehen. In meiner Beschreibung beziehe ich mich auf den Nürnberg - Spielplan und ein 4 Personen Spiel.
 
Den Spielablauf kann man auf einen recht einfachen Nenner bringen. Erst Zahlen (oder auch Bestechen, wer weiß das schon so genau), dann Bauen und Kaufen. Die kleine Abrechnung erfolgt am Ende jeder Runde, doch wie gut wirklich gewirtschaftet wurde, sieht man erst bei der großen Abrechnung am Schluss.
 
Etwas ausführlicher heißt das: So viel eigene Klötzchen wie möglich auf die gewünschten Einflussfelder legen, denn nur der Spieler mit den meisten Klötzchen bekommt den dort angegebenen Einfluss. Anschließend wird das Ergebnis in den verschiedenen Skalen Regierung, Betriebsmittel, Rote Gesellschaft, Grüne Gesellschaft festgehalten. Jetzt ist nicht nur die Höhe des eigenen Einflusses festgelegt, sondern auch die Reihenfolge. Die Klötzchen kommen zurück in den eigenen Vorrat. Nun werden die Strecken gebaut, dabei haben sowohl Geländeübergänge als auch Stationsanschlüsse ihren Preis. Vielleicht muss auch Einfluss bei der Regierung geltend gemacht werden, um Großgrundbesitzer zu enteignen. Gezahlt wird durch Verschieben der entsprechenden Einflussmarker auf dem Anzeigentableau. Im nächsten Schritt können Züge gekauft und sowohl Passagiere als auch Waren transportiert werden. Für die Ermittlung der Siegpunkte ist es im Spiel zu viert nicht wichtig, was der Zug transportiert, nur die Anzahl spielt eine Rolle. Bei der anschließenden Gewinn- und Verlustrechnung ist es allerdings anders, da die Bierwürfel jetzt 2 Punkte einbringen, während der Rest jeweils mit einem Punkt bewertet wird. Doch nicht nur dieser Gewinn zählt, sondern auch der Verlust, den man durch die eigenen bestehenden Strecken bekommt. Der aktuelle Stand auf der Gewinn/Verlustanzeige bestimmt die Spielerreihenfolge. Wer möchte, kann nun noch eine eigene Strecke an eine der beiden Gesellschaften verkaufen. Zum Abschluss der Runde werden noch die vorhandenen Einflussmarker von den Einflussfeldern entfernt und der Rundenmarker ein Feld weiter gezogen.



 Spielplanausschnitt: Die ersten Strecken sind gebaut Spielplanausschnitt: Die ersten Strecken sind gebautSpielplanausschnitt: Die ersten Strecken sind an die grüne Gesellschaft verkauft worden




Fazit
Drei Dinge sind mir beim Spielmaterial aufgefallen. Zum einen sind das die Würfel für die Steine bzw. das Bier, denn diese sind grau statt weiß. Das stört aber nicht wirklich, im Gegenteil, so lassen sich die Würfel auf jeden Fall gut auseinander halten. Zum anderen liegt die Farbe der braunen Einflussmarker in meiner Ausführung doch sehr bei rot, man muss schon sehr genau hinschauen, sonst verwechselt man sie mit den roten Einflussmarkern. Der dritte Punkt betrifft die Tableaus. Optisch sind sie wirklich sehr schön gestaltet. Allerdings löst sich bei meinem Anzeigentableau an einer Seite der "Belag" (Die genaue Bezeichnung kenne ich leider nicht) vom Karton. Noch nicht so weit, dass man es kleben könnte, zum Einreißen ist es leider schon weit genug. 
 
Sonst lässt sich wirklich nichts gegen das Spielmaterial sagen. Positiv ist auf jeden Fall, dass es sehr viel Holz anstelle von Pappmarkern gibt. So kommt doch ein ganz anderes Spielgefühl auf. Die Pläne sind zweckmäßig und schön gestaltet, man kann gut zwischen den unterschiedlichen Landformen (Hügel, Hopfenfelder, Ebenen, Täler, Flüsse) unterscheiden, auch die Symbole für die unterschiedlichen Transportmittel sind gut gewählt. Positiv finde ich auch, dass die jeweiligen Kosten (in Würfeln und Einflusspunkten) in Form von kleinen Graphiken ebenfalls auf den Spielplänen ablesbar sind. Leider konnte ich mir nie merken, wie bei fehlenden Betriebsmittelpunkten getauscht werden kann (1:3 gegen Investitionssteine und/oder Einflusspunkte), hier wäre eine ähnliche Übersicht schön gewesen. Aber solange sich die Mehrheit am Spieltisch das merkt, muss man ja auch nicht in der Anleitung blättern.
 
Auch bei der Spielanleitung habe ich keinen Mangel entdeckt. Die Regeln sind verständlich formuliert, zusätzlich ist das Wichtigste am Seitenrand nochmals aufgeführt. Beispiele und erläuternde Graphiken sind außerdem enthalten. Besonders nett finde ich auch die Anzeige der Seitenzahl zwischen Lokomotive und Tender.

Dreh- und Angelpunkt des ganzen Spiels ist, neben dem Spielplan selbst, das Anzeigentableau. Denn dort tummeln sich 8 der 9 Spielermarker. Im Spiel zu viert wird es dann ganz schön eng, vor allem das Umsetzen der Spielermarker auf den vier Einflussleisten erfordert ein hohes Maß an Geschicklichkeit. Zeitweise sind dort 4 Einflussmarker gestapelt, wovon natürlich einer der unteren und nicht der oberste bewegt werden soll. Mehr als einmal sind dann doch einige Marker durcheinander gepurzelt. Doch das ist der einzige Minuspunkt, der mir während des Spiels aufgefallen ist.

 

Das Vorgehen im Spiel ist eigentlich recht verständlich, allerdings muss man sich erst an die einzelnen Abläufe gewöhnen, bevor sich First Train to Nürnberg flüssig spielen lässt. Gerade am Anfang übersieht man doch gerne den einen oder anderen Punkt. Hilfreich hierbei ist auf jeden Fall die Kurzregel sowie die Auflistung Was gerne vergessen wird in der Spielregel. Die einzelnen Spielzüge sind kurz, die Zeiten des Nachdenkens können je nach Spielertyp und Auswahlmöglichkeit länger sein. Aber selbst bei den Denkpausen der anderen ist man immer irgendwie beschäftigt, entweder man plant sein eigenes Vorgehen, oder versucht das Vorgehen der Mitspieler zu durchschauen.

First Train to Nürnberg macht in jeder Besetzung Spaß; die unterschiedlichen Pläne sorgen ebenso für Abwechslung wie die jedes Mal zufällig verteilten Güter, Passagiere und Landbesitzer. Für Einsteiger ist die Nürnberg - Seite sicher eher zu empfehlen, denn dort gibt es keine Sackgassen oder lange, teure Wege.

 


Mein Dank gilt dem Argentum Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Spiel: First Train to Nürnberg
Autor: Martin Wallace
Illustration: Dennis Lohausen
Verlag: Argentum Verlag
Anzahl: 2-4 Spieler
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: ca. 45 - 120 Minuten
Jahr: 2010
Preis: ca. 32 Euro (Stand 17.11.2010)