Pergamon
- Details
- Kategorie: Angespielt
- Veröffentlicht: Mittwoch, 13. Juli 2011 13:45
- Geschrieben von Petra
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Pergamon, so heißt eine der diesjährigen (2011) Neuerscheinungen von eggertspiele. Sowohl Idee als auch Name des Spiels entstanden während einer Reise eines der Autoren, Ralf zur Linde, durch das südliche Griechenland und Teile der Türkei. Bei dieser Reise besuchte er die ehemalige Ausgrabungsstätte Pergamons, einer antiken griechischen Stadt nahe der Westküste Kleinasiens in der heutigen Türkei. Wie bei vielen Ausgrabungen üblich, wurden auch dort nur Fragmente gefunden, die zunächst in mühevoller Kleinarbeit zusammengesetzt wurden, um anschließend ihren Platz in einer Ausstellung zu finden. (Quelle: Entwicklungstagebuch Ralf zu Linde)
Das Cover ist, passend dazu, fast wie ein Plakat für diese Ausstellung gestaltet. Unter dem Titel Pergamon ist eine aus zwei Teilen zusammengesetzte Maske abgebildet, auch ein Slogan Archäologische Sensationen fehlt nicht.
Wir schreiben das Jahr 1878. Bei ersten Ausgrabungen in der heutigen Türkei stoßen Archäologen auf Überreste des antiken Pergamon. Schon bald bilden die Fundstücke wertvolle Ausstellungen, die das Publikum faszinieren. So beginnt der Einführungstext auf der Rückseite der Spielschachtel. Einen ersten Eindruck vom Spielgeschehen liefert der folgende Text. Das Bild darunter vermittelt einen ersten Eindruck vom Spielmaterial, eine Liste gibt zudem den genauen Inhalt wieder. Auch die technischen Daten (2-4 Spieler, ab 10 Jahren, ca. 45 Minuten) findet man dort. Mit zwei Tatzen ist das Spiel als "mittel" gekennzeichnet. Für eggertspiele heißt das: Diese Spiele haben eine niedrige Einstiegshürde. Sie können direkt nach dem Lesen der Regel gespielt werden. Die Spieldauer liegt weit unter einer Stunde und Kinder ab 10 Jahren spielen sofort mit.
Material und Spielregel
In der Spielschachtel befindet sich ein zweimal gefalteter Spielplan aus stabilem Karton. Am oberen Rand weist dieser eine Leiste mit dem Forschungsgeld-Feldern auf, während der Bereich darunter in Ausgrabungsbereich, Kalender und Pergamonmuseum aufgeteilt ist. Ebenfalls aus stabilem Karton sind die 60 eckigen Fundstückplättchen, die 36 Siegpunktplättchen (je 12 mit 1, 2, und 5 Siegpunkten), 12 runde und 12 eckige Markierungsplättchen für Sammlungen (je 4 Sätze mit I, II, III) in den Spielerfarben Gelb, Rot, Grün und Blau sowie 40 Münzen. Aus Holz dagegen sind die 4 Spielfiguren in den Farben Gelb, Rot, Grün und Blau sowie der schwarze Grabräuber. Ebenfalls zum Spielmaterial gehören 24 Forschungsgeld-Karten (jeweils 3x die Werte 1 bis 8) sowie 4 Erinnerungskarten im kleinen Spielkartenformat (ca. 68mm x 45mm).
Die 8-seitige Spielregel ist verständlich geschrieben und gut strukturiert. Sie beinhaltet die Punkte Spielidee, Spielmaterial, Spielvorbereitung, Spielablauf, Spielende und Schlusswertung und Sonderregeln Der Grabräuber für ein Spiel zu Zweit. Außerdem gibt es noch Alternativen für mehr taktische Spieltiefe sowie Tipps der Autoren. Zahlreiche Graphiken und farblich hervorgehobene Beispiele und Hinweise erläutern zusätzlich das Geschriebene.
Ziel des Spiels
Wie in fast jedem Spiel geht es auch bei Pergamon darum, die meisten Siegpunkte zu bekommen. Diese werden verteilt, sobald der Spieler aus den zuvor gefundenen Fragmenten eine Ausstellung zusammengestellt hat und diese im Pergamonmuseum zeigt. Das Alter der einzelnen Stücke bestimmt den zugehörigen Ausstellungsort und dieser wiederum die Höhe der Siegpunkte. Weitere Siegpunkte werden nach bestimmten Runden für das älteste und somit wertvollste Fundstück verteilt.
Spielvorbereitung
Zunächst wird der Spielplan auf den Tisch gelegt. Die Fundstücke werden verdeckt gemischt und kommen als Stapel zu jeweils 5 Plättchen auf die Felder des Kalenders. Die Siegpunkte werden nach Wert sortiert auf die entsprechenden Felder unter dem Kalender gestapelt. Anschließend werden die 24 Forschungsgeld-Karten gut gemischt und als verdeckter Nachziehstapel neben den Plan gelegt. Die Münzen werden ebenfalls neben den Spielplan gelegt.
Nun bekommt jeder Spieler noch die Spielfigur, die Erinnerungskarte sowie die 6 Markierungsplättchen in seiner Spielfarbe.
Spielablauf
Gespielt wird über 12 Runden, die in jeweils 4 Phasen unterteilt sind. Jede Runde beginnt mit dem Punkt Fundstücke auslegen. Die Fundstückplättchen des aktuellen Monats vom Kalenderstapel werden, entsprechend ihrem Alter, wobei höhere Zahlen immer für ältere Fundstücke stehen, da sie aus der Zeit vor Christi stammen, offen von oben nach unten in dem Ausgrabungsbereichs ausgelegt. Befinden sich in einem Stollen allerdings bereits 4 Plättchen, kommen die überzähligen ungesehen in die Spielschachtel zurück.
In der zweiten Phase, Forschungsgelder verteilen, werden zunächst zwei Forschungsgeld-Karten gezogen und verdeckt neben den Spielplan gelegt. Die Abbildung auf der Rückseite der Karten zeigt an, ob es sich um eine Karte im Wert von 1-4 oder im Wert von 5-8 handelt. Beginnend mit dem Startspieler setzen die Spieler ihre Spielfiguren nun auf ein Forschungsgeld-Feld. Diese Felder legen fest, in welchen Stollen die Spieler in der folgenden Phase Ausgrabungen tätigen dürfen, also aus welcher Reihe sie Fundstücksplättchen zu sich nehmen dürfen. Außerdem gibt jedes Feld an, wie viel von dem Forschungsgeld an den jeweiligen Spieler fällt. Allerdings wird nicht mehr Geld verteilt, als vorhanden ist. Überzähliges Geld bekommt der Spieler, dessen Spielfiguren am weitesten links steht. Anschließend werden die Forschungsgeld-Karten umgedreht und das Geld von rechts nach links an die Spieler verteilt. In dieser Reihenfolge sind die Spieler dann auch in der nächsten Phase am Zug.
Die dritte Phase widmet sich dem Punkt Fundstücke ausgraben, ausstellen, lagern. Wer nun genügend Geld hat, darf Ausgrabungen in einem der Stollen tätigen, die er zuvor ausgewählt hat. Er nimmt also die Plättchen des entsprechenden Stollens zu sich. Nun muss er sich entscheiden, ob er die Teile lagern möchte, drei Teile sind kostenfrei, für je drei weitere muss jeweils eine Münze gezahlt werden, oder ob er eine Ausstellung machen möchte. Eine Ausstellung wird erstellt, indem an ein eckiges Markierungsplättchen so viel komplette Fundstücke angelegt werden wie möglich. Die großen Zahlen werden nun addiert. Wer bereit ist, bis zu drei Münzen zum Polieren der Sammlung zu nutzen, steigert deren Wert um den gleichen Betrag. Das runde Markierungsplättchen wird an die entsprechende Stelle im Pergamonmuseum gelegt. Der Spieler bekommt sofort einen Siegpunkt. Alle dort bereits liegenden Plättchen, die im Wert gleich oder unter dem neuen sind, rutschen um eine Position nach unten.
Phase 4, Wertung, findet nur in den Runden 5, 7, 9 und 12 statt. Für jede Sammlung, die ein Spieler im Museum hat, gibt es den dort für seine Sammlung angegebenen Wert. Zusätzlich erhält noch der Spieler mit dem jeweils wertvollsten, weil ältestem Fundstück einer bestimmten Art dort 2 Siegpunkte. Für die 5. Runde bedeutet das, dass für die älteste Vase im Museum 2 Siegpunkte verteilt werden. Je höher die gesamte Zahl, also linke Jahrhundertzahl und rechte zweistellige Zahl, desto älter der abgebildete Gegenstand. Nach jeder Wertung werden alle Markierungsplättchen im Museum um einige Felder zurückgesetzt. Markierungsplättchen, die aus dem Museum herausfallen, führen zur Auflösung dieser Sammlungen. Alle Informationen hierzu, wie Zeitpunkt, Art des Fundstücks und Anzahl der Felder, sind auf dem Kalender des Spielplans zu finden.
Nach der 12. Runde endet das Spiel. Zum Abschluss werden nochmals für die drei ältesten Ausstellungsstücke Siegpunkte verteilt. Der Spieler mit dem absolut ältesten Stück in der Sammlung erhält drei Siegpunkte, für das zweit- und dritt-älteste Stück gibt es noch zwei bzw. einen Siegpunkt. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt das Spiel.
Fazit
Einen großen Tisch benötigt man für Pergamon nicht. Denn der Spielplan ist mit 53cm x 28cm einer der kleineren seiner Art. Ob dies gut oder schlecht ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Der Spielplan ist wirklich stimmungsvoll gestaltet. Am oberen Rand sind viele Ausgrabungsszenen wiedergegeben. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle die Gestaltung der Siegpunktplättchen. Nicht nur, dass diese wie abgerissene Eintrittskarten für das Pergamonmuseum aussehen, wenn auch mit gleicher Nummer, auch die Vorderseiten (oder sind es die Rückseiten?) sind liebevoll gestaltet. Kein Plättchen ist völlig mit einem zweiten identisch, selbst wenn die gleichen Figuren abgebildet sind, so haben sie doch unterschiedliche Kleidung an oder eine unterschiedliche Haltung.
Die Spielregeln sind gut verständlich und lassen sich auch neuen Spielern schnell vermitteln. Die meisten Informationen, die man während des Spiels benötigt, können auf dem Spielplan abgelesen werden. Für die wenigen Punkte die dort nicht zu finden sind, gibt es die Erinnerungskarten.
Ohne Geld läuft nichts bei den Ausgrabungen. Daher ist es wichtig, seine Spielfigur möglichst gut zu platzieren. Die ausgelegten Forschungsgeld-Karten geben einen kleinen Hinweis darauf, wie viel Geld in dieser Runde zur Verfügung stehen könnte. Doch um welche Summe es sich tatsächlich handelt weiß niemand. Gleichzeitig möchte man sich aber auch nicht die Chance verbauen, in einem bestimmten Stollen nach Fundstücken zu suchen. Lieber auf Nummer Sicher gehen und die eigene Figur möglichst weit rechts platzieren, um auf jeden Fall noch etwas Geld zu kassieren? Oder doch etwas weiter nach links, um einen etwaigen Überschuss zu kassieren? Doch die Gefahr, dann ganz leer auszugehen ist nicht zu unterschätzen.
In den ersten Runden des Spiels liegt das Augenmerk meist mehr auf dem Geld, zumal nur wenige Stücke im Ausgrabungsbereich zu finden sind. Wartet man allerdings mit den eigenen Ausgrabungen zu lange, können die wertvollsten Stücke schon wieder weg sein. Im weiteren Spielverlauf kann es durchaus sein, dass tatsächlich auf Geld verzichtet wird, um als Erster im Wunschstollen graben zu können. Auch sollte man seine Sammlung zum rechten Zeitpunkt als Ausstellung im Pergamonmuseum platzieren. Seine Mitspieler und deren Aktionen im Auge behalten ist ebenfalls wichtig. In meinen Testrunden war es anfangs oft so, dass derjenige, der als erstes eine hochwertige Ausstellung machte, zum Schluss gewonnen hat.
Interessant sind auch die Varianten. Nach jeder Runde wird der Spieler zum Startspieler, dessen Figur auf dem am weitesten links liegenden Forschungsgeld-Feld steht. Üblicherweise geht es von ihm aus dann im Uhrzeigersinn weiter. In der ersten Variante sind die Spieler in umgekehrter Reihenfolge ihrer Platzierungen auf der Forschungsgeld-Leiste am Zug. Jetzt ist nicht mehr der Sitzplatz des Spielers entscheidend, sondern auf welcher Position seine Spielfigur steht. Bei der zweiten Variante bestimmt der Startspieler die Reihenfolge der Fundstücke im Stollen innerhalb eines Jahrhunderts selbst. In dieser Version gewinnt der Startspieler an Bedeutung, kann doch die Fundstücke so hinlegen, dass es für ihn am günstigsten ist.
Bei 2 Spielern kommt der Grabräuber ins Spiel. Dieser spielt bei der Vergabe der Forschungsgelder eine Rolle. Je nach ausgelegten Forschungsgeld-Karten wird er auf einem der gekennzeichneten Felder platziert. Im Gegensatz zu echten Spielern, die ihren Stollen in Phase 3 dann frei wählen, nimmt der Grabräuber immer den höchstwertigen Stollen, den er sich leisten kann.
Mir persönlich gefällt Pergamon gut und als 2-Personen Spiel am besten, da die Aktionen des Grabräubers voraussehbar sind und ich nur noch einen Spieler beobachten muss. Für mich ist Pergamon das ideale Feierabend-Spiel, da es auch nicht zu anspruchsvoll ist. Meine Testspieler hat Pergamon dagegen nicht immer begeistern können.
Einfache, schnell zugängliche Regeln, kurze Spielzeit, ansprechend gestaltetes Spielmaterial, und dann noch ein verhältnismäßig günstiger Preis, ideale Voraussetzungen für ein Familienspiel.
Danke an eggertspiele für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
Spiel: Pergamon
Autor: Stefan Dorra, Ralf zur Linde
Illustration: Klemens Franz
Verlag: eggertspiele
Anzahl: 2-4 Spieler
Alter: ab 10 Jahre
Dauer: ca. 45 Minuten
Jahr: 2011
Preis: ca. 17 Euro (Stand 12.07.2011)