Navegador
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- Kategorie: Angespielt
- Veröffentlicht: Montag, 14. März 2011 13:27
- Geschrieben von Petra
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Die Spiele vom PD-Verlag habe ich mir schon sehr oft angesehen und erklären lassen. Jetzt bin ich auch dazu gekommen, endlich mal eines zu spielen. Und zwar Navegador, ein Spiel, das schon allein durch die Schachtelgröße auffällt. Nicht weil diese so besonders groß ist, sondern weil sie ein anderes Format hat als die meisten anderen, die sich bisher in meinem Spieleschrank befinden. Es ist fast so, also solle es sich dagegen sträuben, dort unauffällig gelagert zu werden.
Auf dem Schachtelcover ist Heinrich der Seefahrer abgebildet, der eine Seekarte betrachtet. Im Hintergrund sind einige Segelschiffe zu erkennen. Ganz oben sind Spieltitel und Autor genannt, fast scheint es als sollten sie das Bild nicht stören. Bezeichnenderweise dient beim Titel Navegador eine Windrose als "o".
Der portugiesische Prinz Heinrich der Seefahrer (Henrique o Navegador) rief im 13. Jh. die besten Kartografen und Seeleute seines Landes zusammen, um die Küste Afrikas zu erkunden. Die hierbei gewonnenen Erfahrungen in Navigation und Schiffbau läuteten das Zeitalter der Entdeckungen ein und ermöglichten schließlich einen Seeweg nach Indien und China. so beginnt der Einführungstext auf der Rückseite der Spielschachtel. Der weitere Text erläutert das Spielgeschehen näher. Kleine Bilder neben und unter dem Text geben einen ersten Eindruck vom Spielmaterial, das dort auch ausführlich aufgelistet ist. Einen Hinweis English Materials also included gibt es an dieser Stelle ebenfalls. Auch Heinrich der Seefahrer taucht wieder auf, diesmal sieht man auch die ihn umgebenden Personen. "Heinrich der Seefahrer beim Kartenlesen", so heißt das Bild von Adriano de Sousa Lopes, lese ich direkt neben den technischen Daten (2-5 Spieler, ab 12 Jahren, ca. 60-90 Minuten).
Material und Spielregel
In der Schachtel befindet sich einiges an Spielmaterial. Es gibt einen doppelseitig bedruckten Spielplan (81,0 cm x 38,5 cm) aus stabilem Karton, dessen Seiten sich nur durch die Beschriftung des Rondells unterscheiden. Auf der einen Seite sind die Begriffe in englischer Sprache, auf der anderen Seite in deutscher Sprache. Zum weiteren Material aus Karton zählen 5 Spielerablagen, 33 Kolonien (9x Zucker, 11x Gold, 13x Gewürze), 35 Privilegien (jeweils 6 für Kolonien, Faktoreien, Entdecker, Werften und Kirchen sowie 5x Königsprivileg), 1 Navegadorkarte, 2 Plättchen für doppelten Schiffsverlust sowie 70 Münzen (30x 10, 14x 50, 12x 100 und 14x 200 Cruzados). Aus Holz dagegen sind 36 Schiffe (je 7 in rot, grün, gelb, blau und schwarz sowie eins in orange), 5 Arbeiter (rot, grün, gelb, blau, schwarz), 5 acht-eckige Spielsteine (rot, grün, gelb, blau, schwarz), 12 Entdecker (blaue Holzscheiben), 10 Kirchen (grau), 10 Werften (braun), 23 Faktoreien (Häuser, je 6 in weiß, gelb und braun sowie 5 in orange) und 3 Preismarker (Würfel in weiß, gelb und braun).
Sowohl in Englisch als auch in Deutsch gibt es ein 8-seitiges Regelheft (DIN A5). Dort gibt es eine Kurzfassung des Spielaufbaus mit einem Hinweis auf das Extrablatt sowie eine Zusammenfassung zu Anfang, aber auch die üblichen Punkte wie Spielmaterial, Spielablauf, Spielende und Abrechnung. Ein großer Teil des Heftes ist zudem den einzelnen Aktionen des Rondells gewidmet. Zahlreiche Beispiele und Graphiken ergänzen zudem den Text.
Zusätzlich gibt es ein DIN A3 großes, gefaltetes Blatt für den Schnelleinstieg, eine Seite ist in deutscher, die andere in englischer Sprache. Dort wird zum einen der Spielaufbau in Wort und Bild erklärt und zum anderen die Aktionen des Rondells zusammengefasst.
Neben diesen spielrelevanten Texten gibt es noch ein kleines Heft (DIN A5) über Historische Personen Portugals, mit dem Hinweis: Dieses Heft ist NICHT Bestandteil der Spielregel. Interessant ist hier die Präsentation der beiden Sprachen, durch die Aufteilung wird keine Sprache bevorzugt behandelt, es gibt immer die Seiten 1-8. Je nachdem wie man das Heft hält sieht man den englischen oder den deutschen Teil.
Spielziel
Bei Navegador dreht sich alles um den Aufbau des portugiesischen Kolonialreiches. Jeder Spieler ist hierbei für seine eigene Handelsdynastie zuständig. Um dabei erfolgreich zu sein, kann er Schiffe bauen, Arbeiter beschäftigen, Entdecker aussenden, Kolonien gründen, Handel treiben, Faktoreien errichten, Kirchen oder Werften bauen, sich um Privilegien kümmern oder Geld erwirtschaften. Am Ende des Spiels, wenn entweder die Seeregion von Nagasaki entdeckt oder nachdem das letzte Gebäude genommen wurde, wird alles in Siegpunkte umgewandelt. Es gewinnt schließlich der Spieler mit den meisten Siegpunkten.
Spielvorbereitung
Da es ohne Spielplan nicht geht, wird dieser zunächst auf den Tisch gelegt. Anschließend erhält jeder Spieler eine Spielerablage sowie Schiffe, Arbeiter und acht-eck Spielstein in der jeweiligen Spielfarbe, 200 Cruzados und ein Königsprivileg. Die Spielerablage wird zudem noch mit einem Haus in orange, einer Werft und einer Kirche bestückt.
Die übrigen Häuser, Werften und Kirchen finden ihren Platz auf dem Spielplan, wobei von preiswert nach teuer bestückt wird, da die teuersten Felder, je nach Spielerzahl, möglicherweise frei bleiben werden. Die Entdecker werden auf den eingezeichneten Windrosen platziert, die Preismarker auf die hellen Felder des Marktes. Nun müssen noch die Kolonien verdeckt auf den Spielplan, auch hier sind Anzahl und Art auf dem Spielplan angegeben. Die Privilegien kommen farblich sortiert und gestapelt in die Galerie. Jeweils ein Privileg wird offen ausgelegt. Nun müssen noch die Seeregionen mit zusätzlichem Schiffsverlust mit Plättchen gekennzeichnet werden; Nagasaki immer, Macao dagegen nur bei 2 und 3 Spielern.
Nachdem die Spieler nun ihren Arbeiter auf dem Wert drei, ihre Spielfigur in die Mitte des Rondells und zwei ihrer Schiffe in der Seeregion Portugal platziert haben wird noch der Startspieler ermittelt. Der letzte Spieler erhält die Spielkarte "Navegador". Nach dem ersten Zug dieses Spielers wird die Position der Spielfigur auf dem Rondell mit dem orangen Schiff markiert.
Spielablauf
Der Spielablauf ist in drei Phasen unterteilt. Mit jeder neuen Phase steigt die Zugweite der Schiffe, aber auch die Kosten für Arbeiter bzw. Schiffe. Außerdem werden die Privilegien aufgefüllt. Eine neue Phase beginnt wenn die roten Seegrenzen erstmals überschritten werden.
Über ein Rondell werden die Abläufe gesteuert. Dieses Rondell ist ein Kreis, der in acht Segmente unterteilt ist. Jedes Segment steht für eine Aktion (Segeln, Arbeiter, Markt, Kolonie, Privileg, Schiffe, Markt, Baumeister). In der ersten Runde dürfen die Spieler die Aktion frei wählen, in jeder weiteren wird der eigene Spielstein dann auf das gewünschte Feld weiter gezogen, wobei die ersten drei Schritte frei sind und für jeden weiteren Schritt ein Schiff vom Plan entfernt werden muss.
Hinter den einzelnen Aktionen verbirgt sich Folgendes:
- Segeln: Jedes Schiff darf um eine Seeregion (in späteren Phasen auch weiter) bewegt werden. Bisher unbekannte Seeregionen dürfen von mindestens zwei Schiffen entdeckt werden. Der Spieler muss ein Schiff vom Plan nehmen, bekommt die Scheibe des Entdeckers, die zugehörigen Kolonien werden aufgedeckt und ein Bonus in Höhe der billigsten neu aufgedeckten Kolonien wird an den Spieler ausgezahlt.
- Arbeiter: Ein Arbeiter darf für 50 Cruzados pro eigener Kirche angeworben werden. Weitere Arbeiter kosten den Wert, der durch die Spielphase vorgegeben wird.
- Kolonie: Zum Kauf einer Kolonie werden jeweils 2 Arbeiter in Lisboa (Lissabon) sowie 1 Schiff in der zugehörigen Seeregion benötigt, gezahlt wird der jeweilige Preis (Zucker von 40 bis 120 Cruzados, Gold von 50 bis 150 Cruzados, Gewürze von 60 bis 180 Cruzados).
- Markt: Hier kann für jede eigene Kolonie je eine Einheit der Warensorte verkauft werden. Der Erlös hierfür wird vom entsprechenden Preismarker des Marktes angegeben. Nach dem Verkauf rückt der Preismarker um die Anzahl der Einheiten nach unten. Es ist aber auch möglich, die Ware erst zu verarbeiten und dann zu verkaufen. Zu Beginn besitzt jeder Spieler eine Faktorei in Orange, die als Joker eingesetzt wird. Mit jeder Faktorei darf je eine Einheit verarbeitet und somit verkauft werden. Diesmal wird der Preis in der rechten Spalte abgelesen. Wenn verarbeitete Ware verkauft wird, rückt der Preismarker danach in der entsprechenden Spalte nach oben.
- Schiffe: Ein Schiff darf für 50 Cruzados pro eigener Werft gebaut werden. Weitere Schiffe kosten den Wert, der durch die Spielphase vorgegeben wird.
- Baumeister: Faktoreien, Werften und Kirchen dürfen gekauft werden, wobei auch hier Arbeiter nötig sind, beispielsweise 3 für jede neue Faktorei. Die Kosten der jeweiligen Bauwerke steigen mit jedem weiteren an.
- Privileg: Nur Spieler, die mindestens 2 Arbeiter haben, dürfen ein Privileg nehmen, verlieren dafür aber einen Arbeiter. Privilegien bringen sofort einen Geldbonus und am Ende des Spieles Siegpunkte.
Schon beim Lesen der einzelnen Aktionen ist zu erkennen, dass die Aktionen miteinander verzahnt sind.
Ohne Schiffe kann man nicht segeln. Um Schiffe zu bauen, ist aber Geld nötig. Dieses wiederum gibt es, wenn Rohstoffe oder Waren der Kolonien auf dem Markt verkauft werden. Um an Kolonien zu gelangen, ist wiederum Geld nötig. Genauso wichtig sind Arbeiter, denn diese werden zum Kauf von Kolonien ebenso benötigt wie zum Kauf von Werften, Kirchen oder Faktoreien. Um ein Privileg zu bekommen, muss man sogar einen Arbeiter opfern. Aber dafür gibt es Geld, und am Ende des Spiels sogar Siegpunkte.
So wirklich verzichten kann der Spieler auf keine Aktion.
Beginnend mit dem Startspieler sind die Spieler reihum am Zug, setzen ihre Spielfigur im Rondell weiter und führen die gewählte Aktion aus. Nur der Spieler mit dem "Navegador" hat eine zusätzliche Segel-Aktion. Diese Aktion sollte innerhalb einer Rondellrunde genutzt werden, sonst verfällt sie. Nach Gebrauch wird der "Navegador" an den Nachbarn zur Rechten weitergegeben und das orange Schiff zu dessen Spielfigur ins Rondell gestellt.
Das Spiel endet, wenn die Seeregion von Nagasaki entdeckt oder nachdem das letzte Gebäude genommen wurde. Jeder Spieler, auch der Auslöser des Spielendes, ist noch einmal am Zug.
Nun erfolgt die Abrechnung. Hierzu werden die Spielfiguren vom Rondell auf die Zählleiste gesetzt. Es gibt je einen Siegpunkt für jeden Arbeiter in Lisboa, für jedes Schiff auf dem Spielplan und für volle 200 Cruzados. Die übrigen Siegpunkte werden mit Hilfe der Spielerablage ermittelt, nachdem jeder Spieler sein Königsprivileg dort abgelegt hat. Hierzu werden zunächst die Werte einer Spalte addiert und anschließend mit den zugehörigen Errungenschaften multipliziert. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt das Spiel.
Fazit
Das Spielmaterial ist nicht nur schön und von guter Qualität, sondern auch zweckmässig. Auf dem Spielplan befinden sich alle Informationen, die für das Spiel nötig sind. Die Spielregel ist verständlich geschrieben und die einzelnen Spielschritte lassen sich gut merken. Die ganzen Verzahnungen allerdings werden von den Meisten vor der ersten Partie meist nicht überblickt. Beispielsweise dass es Sinn machen kann, in Arbeiter zu investieren um an Werften und Kirchen zu kommen, um wiederum günstiger an Schiffe und Arbeiter zu kommen, um letztere dann für Privilegien einzusetzen.
Am liebsten möchte man ja alles, und am besten noch gleichzeitig. Segeln und auf Entdeckungstour gehen! Kolonien gründen! Erfolgreiche Geschäfte am Markt führen! Viele Privilegien besitzen! Gleichzeitig ist dies aber nicht möglich. Der Spieler muss sich entscheiden, wie er vorgehen möchte. Manchmal ist auch ein Umdenken erforderlich, wenn die lieben Mitspieler einem zuvorgekommen sind und beispielsweise ein geplantes Geschäft am Markt zu diesem Zeitpunkt nur ein Verlustgeschäft wäre. Sich nur auf bestimmte Aktionen fixieren kann vielleicht gut gehen, ist aber meist nicht der richtige Weg. Es kommt bei Navegador eher auf die richtige Mischung der Aktionen an. Und auf keinen Fall die Aktionen der Mitspieler unbeachtet lassen.
Navegador ist kein Spiel, bei dem sich der Spieler bei einem schlechten Abschneiden damit herausreden kann, dass er kein Glück gehabt hat. Denn Glück spielt bei Navegador kaum eine Rolle, nur bei den Kolonien weiß man zuvor nicht, was einen erwartet. Ansonsten hängt alles von der eigenen Entscheidung ab.
Egal ob man Navegador nur zu zweit oder in Vollbesetzung spielt, es macht immer Spaß und funktioniert, aber das Spielgefühl selbst ist jedes Mal anders. Während man im zweier Spiel das Gefühl hat, dass von allem genug da sei und man wirklich reich werden kann, ist bei mehr Mitspielern alles knapper. Schließlich finden auch mehr Aktionen der anderen zwischen den eigenen statt.
Navegador ist ein Strategiespiel und somit für Menschen, die beim Spielen denken möchten. Navegador macht Spaß, aber nur wenn nicht nur Grübler um einen herum sitzen, einen von ihnen verträgt das Spiel aber durchaus. Für ein Strategiespiel dieser Art hat Navegador eine angenehm kurze Spielzeit, es lässt sich außerdem auch "aus dem Bauch heraus" spielen, so dass Navegador ein guter Einstieg in Spiele dieser Art ist.
Autor: Mac Gerdts
Illustration: Marina Fahrenbach, Mac Gerdts
Verlag: PD Verlag, Heidelberger Spieleverlag
Anzahl: 2-5 Spieler
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: ca. 60-90 Minuten
Jahr: 2010
Preis: ca. 32,00 Euro (Stand 08.03.2011)